Mancher Arbeitgeber folgt dieser Tage vielleicht einem Jobangebot und kündigt seine aktuelle Stelle. Dieses Mal ist es sehr wichtig, auch dem Kleingedruckten im Arbeitsvertrag eine gewisse Beachtung zu schenken. Das wichtigste zuerst: Hat ein Mitarbeiter gekündigt, gibt es keine Pflicht, die ihm vorschreibt, dass er Gratifikationen zurückzahlen muss, die aus Fortbildung oder Weihnachtsgeld entstanden sind. Wurde jedoch eine Verabredung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer getroffen, die wirksam auf eine Zurückzahlung der Förderungssumme verweist, muss er zahlen. Darunter fallen Sozialabgaben und Sonderzahlungen samt Lohnsteuer.
Dabei kann es sich um große Summen an Geld handeln. Ein Disput zwischen Chef und scheidendem Angestellten, der durch Firmengelder fortgebildet wurde, lässt sich das kaum vermeiden. Schnell verlangt er dann beispielsweise das Weihnachtsgeld oder andere Sonderzahlungen zurück.
Bei Fortbildungskursen entsteht das gleiche Bild, denn kein Arbeitgeber will mit seiner Investition die Konkurrenz stärken, indem der gut ausgebildete Mitarbeiter die Firma wechselt. Klaus Dieter Franzen, beschäftigt beim Verband deutscher Arbeitsrechtsanwälte, kann aber Entwarnung geben: Das Geld braucht im Normalfall nicht zurückbezahlt werden. Eine Ausnahme stellt hier der Fall dar, in dem die Rückzahlungsverpflichtung auf rechtlicher Grundlage einwandfrei vereinbart worden ist.
Besteht beim Arbeitnehmer im Falle des Jobwechsels die Furcht vor Ärger um die Gratifikationen, sollte er seinen Arbeitsvertrag noch einmal auf Klauseln untersuchen, in denen eine Rückzahlungspflicht begründet wird, bevor er mit der Kündigung zur Tat schreitet. Provisionen für Außendienstler, Führungs- oder Fachkräfte, sofern sie einen Teil der Vergütung ausmachen, brauchen beim Jobwechsel genauso wenig zurückgezahlt werden, wie leistungsorientierte Boni und ein 13. Und 14. Monatsgehalt.
Das Gleiche hat Bestand, wenn dem Arbeitgeber die Leistung seines Angestellten aus freien Stücken mehr wert gewesen ist und sie am Jahresende mit Extrazuwendungen honoriert hat. Beispielsweise, damit er seine Fachkraft halten konnte oder als Belohnung aufgrund von Firmentreue. In diesen Fällen brauchen sich scheidende Mitarbeiter ebenso wenig davor zu fürchten, dass das Geld von ihnen zurückverlangt wird.
Das Gesetz sieht keine Rückzahlungsverpflichtung vor – was gezahlt wurde, wurde gezahlt. Wenn die Firma eine kostspielige Weiterbildung finanziert hat und auf Gegenleistung setzt, ist es allein ihr Problem, wenn sie den Mitarbeiter nicht an sich binden konnte.
Es wird allerdings dann kompliziert, wenn der Arbeitgeber auf seine Rückzahlungsregelungen pocht, die entweder im Tarifvertrag, im Arbeitsvertrag oder in der Betriebsvereinbarung formuliert sind. In diesem Fall sollten die Betroffenen Obacht walten lassen und auf Nummer sicher gehen, indem sie einen Fachanwalt heranziehen, um die Formulierung im Kündigungsfall am besten von einem Fachanwalt überprüfen zu lassen. Die pure Existenz dieser Vertragsklauseln beweist nämlich noch nicht deren Wirksamkeit und Zulässigkeit.
Tritt der Fall ein, indem die Klauseln wirksam sind, gibt es für den Arbeitnehmer aber immer noch Möglichkeiten, eine Rückzahlungspflicht abzuwehren – dafür ist allerdings Fingerspitzengefühl von Nöten. Dem Rückzahlungsgrund muss in jedem Fall eine Kündigung des Arbeitsvertrages durch den Mitarbeiter zugrunde liegen. Damit ist die Aufkündigung von einer Seite aus geschehen. Ist er aber im Stande, den Arbeitgeber dazu zu bringen, einen Aufhebungsvertrag aufzusetzen, hat man es schon nicht mehr mit einer Kündigung zu tun, was bedeutet, dass die Klausel nicht mehr greift. Bei einer solchen Aufhebung des bestehenden Arbeitsvertrages besteht eine Einigung beider Parteien darüber, dass ein Arbeitsverhältnis beendet wird. So müssen Mitarbeiter auch keinen Cent zurückzahlen, wenn ihr befristeter Arbeitsvertrag ausläuft und sie gar nicht gekündigt haben.
Außerdem existiert eine finanzielle Schmerzgrenze: Wird sie nicht überschritten, braucht ein Mitarbeiter auch nichts zu zahlen. In der Regel liegt sie bei 100 Euro. Darunter muss niemand etwas zurückzahlen. Überdies ist auch eine Klausel unwirksam, die eine Rückzahlung der Gratifikationen sogar nach dem 30. Juni des Folgejahres vorschreibt.
Liegt die Gratifikation indes zwar über der Schmerzgrenze von 100 Euro, doch unterhalb von einem Bruttomonatsgehalt, ist der Arbeitgeber dazu berechtigt, den Mitarbeiter vertraglich bis zum 31. März im Folgejahr zu binden. Ist der Wille des Beschäftigten allerdings so groß, dass er schon früher gehen will, käme er nicht umhin, die Sonderzahlungen zurück zu überweisen.
Ist das Weihnachtsgehalt besonders umfangreich ausgefallen, was der Höhe eines Bruttogehalts und mehr entspricht, dürfen Chefs an dieser Stelle ein Kündigungsgebot aussprechen, das über den 31. März hinaus Gültigkeit besitzt. Damit der Beschäftigte dem Kündigungstermin entgehen kann, müsste er sich für den nächstspäteren Kündigungstermin entscheiden.
Doch bei all den Auswegen bleibt die Tatsache bestehen, dass eine sauber abgefasste Rückerstattungspflicht von Gratifikationen, sofern sie vertraglich vereinbart ist, dem Arbeitnehmer bei Eigenkündigung kein Entrinnen bietet. Ihm bleibt dann nur eine Rücküberweisung der Zuwendungen. Und zwar in voller Höhe – samt Sozialabgaben und Lohnsteuer. Dann fällt auch der Sockelbetrag von 100 Euro weg: Hat sich jemand die Weiterbildung vom Chef bezahlen lassen, muss er das Geld auch zurückzahlen, wenn es entsprechend vereinbart wurde. (LB/BHB)