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Moleskines – Die Millionen-Legende eines Notizbuches

Große Namen wie van Gogh, Hemingway und Picasso sollen ihre Gedanken und Ideen in den hochpreisigen Moleskine Notizbüchern festgehalten haben. Mit einem Wert von geschätzten 600 Millionen Euro geht das Unternehmen nun an die Börse.


Moleskines – Die Millionen-Legende eines Notizbuches

Die als faktensicher geltende „Financial Times“ titelte vor einigen Tagen unter der Abbildung eines Notizbuches mit Gummiband und elitärem Preis, dass bereits Ernest Hemingway die Moleskine Notizbücher für seine Aufzeichnungen verwendet habe. Der einzige Haken an dieser Aussage: Die Kult-Notizbücher kamen 1998 auf den Markt, Hemingway verstarb 1962. Damit dürfte ebenso sicher sein, dass auch van Gogh und Picasso ihre Skizzen nicht in die Moleskine Skizzenbücher zeichneten.

Moleskine selbst hat diese Behauptungen nie aufgestellt, dennoch dürfte die mangelnde Recherche der britischen Journalisten dem Unternehmen in die Karten spielen. Der Konzern selbst wirbt mit kleinen Broschüren, die in jedem einzelnen Buch des Unternehmens zu finden sind, dass die Moleskine Notizbücher lediglich das Erbe der großen Maler und Schriftsteller und deren heißgeliebten Notizbüchern seien. Die Botschaft, die das Unternehmen so vermitteln will, liegt auf der Hand: Die Produkte von Moleskine stehen für Tradition, Kreativität und nicht zuletzt auch Weltläufigkeit. Und das Konzept geht auf. Im vergangenen Jahr wurden in über 90 Ländern mehr als 14 Millionen der Notizbücher verkauft und das trotz der Tatsache, das ein Notizbuch im Din A 5 Format nicht für unter 15 Euro zu bekommen ist.

In dieser Woche haben die Gespräche mit Investoren begonnen, denn das Unternehmen will nun an die Mailänder Börse. Insidern zufolge werden die Gespräche bis Ende März andauern. Von Experten wird das Unternehmen auf rund 600 Millionen Euro geschätzt, das zuletzt einen Jahresumsatz von 78 Millionen Euro ausweisen konnte. Seit 2006 hält der französische Finanzinvestor Syntegra die Mehrheit an dem Unternehmen und will nun ungefähr die Hälfte der Anteile stellen.

Alles fing damit an, dass Maria Sebregondi, Marketingberaterin und Soziologin, Mitte der neunziger Jahre das Buch „Traumpfade“ von Bruce Chatwin  las. In dem Buch beschreibt der Autor eine Pariser Schreibwarenhandlung, in der seine Hauptfigur sich regelmäßig mit den als „Moleskine“ bezeichneten Notizbüchern eindeckte. In dem Roman wurden die Notizbücher über mehrere Seiten beschrieben, die Maria Sebregondi so nachhaltig beeindruckten, dass sie nach Paris fuhr. Auf der Suche nach einer Produktidee für den Inhaber der Mailänder Handelsfirma Modo & Modo will sie den Schreibwarenladen aufsuchen. Die große Enttäuschung: Weder den Schreibwarenladen, noch die von den Franzosen „Moleskine“ genannten Notizbücher scheint es jemals gegeben zu haben. 

Eine Legende wird wahr und Stars werden Fans des Moleskine

Die Italienerin begreift. Es geht nicht darum, ob es den Laden oder die Notizbücher wirklich gibt, sondern um das, was der Autor mit seinem Buch bei ihr ausgelöst hatte und die Geschichte, die er erfunden hatte. Eine Tatsache war jedoch, dass Künstler wie Picasso oder Satre bevorzugt kleine, schwarze Notizbücher nach der französischen Machart benutzten. Ein Exemplar kaufte Sebregondi in einem Antiquariat, nahm einige kleinere Veränderungen vor und schickte ihr Muster nach China für den ersten Auftrag über ein paar tausend Exemplare.

Innerhalb weniger Jahre entstand ein regelrechter Fan-Kult um das Notizbuch. Zur Fangemeinde des „Moleskine“ zählen Stars wie Brad Pitt oder David Mitchell, die dem Kultobjekt nachträglich die Berechtigung für sein Image geben.

Für Thomas Kirschmeier, Marktforschungsinstitut Rheingold, ist das kleine Schwarze ein analoger Begleiter mit einer traditionellen Geschichte. Die kleinen schwarzen Notizbücher würden gerade durch den Gegensatz zur digitalen Welt mit Tablet und Smartphone leben.

Für die Marke könnte es dann gefährlich werden, wenn das Image durch Diversifikationen der Produktpalette verwässert würde. Diesen Fehler konnte das Unternehmen bislang vermeiden. Von der Lesebrille bis zur Aktentasche umfasst das Sortiment aktuell rund 500 Produkte, die im Kern aber immer wieder auf das Notizbuch zurückgehen.

Die Marke Moleskine sei mittlerweile so stabil, dass auch der massive Erfolg keinerlei Schaden anrichten könne, so Kirschmeier,  auch wenn derzeit einige Trendsetter häufig andere Notizbücher bevorzugten, um in der Masse nicht unterzugehen. Für Moleskine sind diese Abwanderungen aber ähnlich leicht zu verkraften, wie für Apple die flächendeckende Verbreitung des iPhones. Auch hier hatten am Anfang nur diejenigen ein iPhone, die man weitläufig als Trendsetter bezeichnete, mittlerweile besitzt nahezu jeder Otto-Normal-Verbraucher ein Apple Smartphone. (DR/BHB)


 
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