Für umgerechnet 32 Millionen Euro ist das Bild „Nature morte aux tulipes“ von Picasso in New York unter den Hammer gekommen. Das Meisterwerk zeigt neben der Muse des Künstlers auch Tulpen. Skeptiker des Kunstbetriebes könnten die Wahl grade dieser Pflanze als böses Omen auffassen, denn die größte dokumentierte Spekulationsblase in der Geschichte ist durch Tulpen ausgelöst worden.
Aufgrund der Finanzkrise steigen die Preise für begehrte Kunstwerke dieser Tage in atemberaubende Höhen. Laut dem Finanzexperten Raymund Scheffler, Geschäftsführer der düsseldorfischen Berenberg Art Advice, liegt der Zusammenhang zugrunde, dass die Menschen wegen der Turbulenzen auf den Finanzmärkten verunsichert sind und jetzt für ihr Geld sichere Häfen ansteuern. Laut Klaus Gerrit Friese würde auch die Umwerbung der Kunst als gute Wertanlage eine deutliche Wirkung zeigen. Friese ist Vorsitzender des BVDG – des Bundesverbandes Deutscher Galerien.
Es mag verständlich sein, dass ein Meisterwerk Picassos seinen Verkäufern solche Preise einbringt, denn er revolutionierte unsere Auffassung von moderner Malerei – Andererseits werden auch Gemälde von Jeff Koons oder Damien Hirst für Millionenpreise verkauft, obwohl deren künstlerischer Wert umstritten ist und die Kunstwerke nicht immer Objekte höchster Güte sind.
Als freier Kurator redet Martin Leyer-Pritzkow den anderen Kunstexperten das Wort: Aus Angst, dass das Geld seinen Wert verliert, liegen diese Preise zu 90 Prozent über dem realen Sachwert. Das Kunstwerk selbst brauche dazu nicht einmal besonders angesehen zu sein. Für ihn zeige sich darin lediglich eine Bürgerlichkeit der Verkitschung: Von billigem Geld umflutet, werde der Gartenzwerg nun in bestimmten Kreisen durch das Gemälde abgelöst. Abgesehen davon ist es ausgeschlossen, in einem solchen Preissegment noch auf einträgliche Rendite zu hoffen. Das Bild mit dem ideellen Wert einer Trophäe, das 30 Millionen Euro kostet, könne sicherlich keinen bedeutenden Wertzuwachs mehr verzeichnen.
Stefen Horsthemke ist anderer Meinung. Als Mitgesellschafter von Berenberg Art Advice sieht er in Kunst ein vorzügliches Investment, mit dem einer befürchteten Inflation entgegengewirkt werden kann. Sein Haus gründete Anfang November den „Berenberg Art Capital Fund“, der für Investoren zugänglich ist und in bestimmte Kunstwerke anerkannter Künstler investieren wird, sobald ein Fondsvolumen von 50 bis 100 Millionen Euro entstanden ist. Das Investment solle zu 75 Prozent in Werke der Kategorie „Blue Chips“ fließen, die von etablierten Künstlern stammen. Der Rest werde in Objekte von Künstlern fließen, die aufgrund von Expertenprognosen kurz davor sind, einen internationalen Durchbruch zu erlangen. Solche Werke gehören deshalb in Fachkreisen zu der Kategorie Emerging Artist. Die Fondsbetreiber schätzen eine Rendite von sieben bis neun Prozent als realistisch ein.
Von Erfahrungen aus der jüngeren Vergangenheit werden die Investment-Optimisten bestätigt: Seit den achtziger Jahren konnte der British Rail Penson Fund mithilfe von Kunstwerken eine jährliche Rendite von 13,8 Prozent erwirtschaften. Der Fonds legt das Geld für die betriebliche Altersvorsorge der britischen Eisenbahner an. Das liegt deutlich über dem, was mit Aktien zu erreichen gewesen wäre. Im selben Zeitraum lag der Ertrag amerikanischer und deutscher Börsenpapiere bei neun Prozent, während sich Gold durchschnittlich um vier Prozent im Jahr verteuerte.
Schon seit Jahrhunderten spielen Skulpturen und Gemälde für die Mächtigen eine wichtige Rolle. Viele reiche Bürger haben seit den letzen 200 Jahren die Kunst ebenfalls als Mittel zur Vermögensvermehrung und zum Vermögenserhalt genutzt. Der Investmentbetrieb ist aber erst kürzlich auf sie aufmerksam geworden. Zur systematischen Diversifizierung zieht man solche Sachwerte erst seit etwa drei Jahrzehnten heran, weiß Helge Achenbach zu berichten. Er gehört zu den führenden deutschen Kunstberatern und ist der geschäftsführende Gesellschafter im Hause Berenberg Art Advice. (LB/BHB)
Erfahren Sie im zweiten Teil, worauf Sie als Kunst-Anleger unbedingt achten müssen.