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Kunstmarkt: Sind Millionen Euro wirklich gerechtfertigt? (2)

Bei Kunst als Investment-Objekt ist die Logik hinter den Dingen genau die gleiche wie bei übrigen Sachwerten: Wird das Gut knapp, weil der Wohlstand global ansteigt, zieht das eine Preissteigerung mit sich. Im konkreten Fall der Kunst sieht sich eine wachsende Anzahl von Käufern und Interessenten einer etwa gleichbleibenden Anzahl von Künstlern gegenüber, die den Markt mit ihren Werken beliefern – so einfach ist die Sache für Helge Achenbach von Berenberg Art Advice, gelagert.


Kunstmarkt: Millionenpreise gerechtfertigt? (2)

Sein Kollege Stefan Horsthemke ergänzt, dass jeder mindestens fünf Prozent des eigenen liquiden Vermögens in Kunst investieren sollte.

Dem entgegnet der Galarist Friese. Für ihn sind Bilder eben keine Immobilien und damit besitzen sie keinen unverrückbaren Wert. Es stimme natürlich, dass die Werke von etablierten Künstlern sich an äußerst stabilen Preisen erfreuen würden, doch schon die Künstler in der zweiten oder dritten Reihe produzieren keine Werke mit derart zementiertem Wertfundament. Für diese Entwicklung, bei denen die Bilder im Nachhinein an Wert verloren haben, gibt es schon jetzt genügend Beispiele. Werke der „Jungen Wilden“  wurden während der Achtzigerjahre sehr hoch gehandelt. Heute erreichen sie diese Preisklasse bei Weitem nicht mehr.

Leyer-Pritzkow bestätigt: Es ist unsinnig, ein beliebiges Kunstwerk zu kaufen, was einem persönlich gefällt und im Anschluss auf eine rasante Preissteigerung zu hoffen. Es sei reines Klischee, das da bemüht werde, wenn jemand angibt, dass Kunst im Preis nur steigen könne. Das sieht man heute bei den Landschaftsmalereien aus dem 19. Jahrhundert. Auf den Flohmärkten werden sie für Ramschpreise veräußert.

Grundsätzlich darf man den Kunstmarkt nicht isoliert betrachten und mit einer sprudelnden Ölquelle vergleichen. Horsthemke betont, dass man die Wertschwankungen mit anderen Asset-Klassen vergleichen müsse. Der Kunstmarkt bleibt ebenso wenig von Krisen verschont, wie die Börse. Nur komme es hier nicht zu gewaltigen Crashs und auch die Preise hätten sich im Anschluss an schwache Jahre wie 2001 oder 2008 wieder schnell erholt – das habe vor allem für qualitativ hochwertige Objekte gegolten. Sogar die Weltwirtschaftskrise in den Dreißigern hat es nicht vermocht, der Spitzenkunst ihre Marktgängigkeit zu nehmen.

Anleger fahren am besten, wenn sie sich vordergründig von der Qualität des Kunstwerks leiten lassen. Der Bildinhalt muss gar nicht auf Anhieb gefallen – im Gegenteil: Gute Hinweise auf große Kunst liefern vor allem Werke, die auf den ersten Blick irritierend oder verstörend wirken, kann Leyer- Pritzkow aus seiner Erfahrung sagen.

Echte Chancen auf Wertsteigerung haben seiner Einschätzung nach Werke, deren Künstler den aktuellen Trend zur bildsprachlichen Sensation überwunden haben und wieder das ausdrücken, was sie selbst bewegt. Einiges Potenzial versprechen die Werke von Malern wie Hans-Jörg Holubitschka, Bernard Lokai und Stefan Kürten; sie sind bereits ab 6000 Euro zu erwerben und haben ein mittleres Bildformat von circa 80 mal 80 Zentimetern.

Der Kunstexperte hat den Rat an Neueinsteiger, sich vor dem Kauf sehr gut von unabhängigen Experten informieren zu lassen und vornehmlich bei Werken Interesse zu zeigen, die Künstler der eigenen Generation oder der Nachfolgegeneration geschaffen haben. Unter Umständen hat ein Bild zum heutigen Preis von 5000 Euro später die Chance, für ein Vielfaches der Investitionssumme verkauft zu werden. Solche Entwicklungen funktionieren natürlich nur in Fällen, bei denen diese Kunst noch nicht auf internationalen Auktionen versteigert wird. Reden erst alle davon, ist die Chance auf eine gute Preisentwicklung vertan.

Möchten Kunden sich einen Service wie den Berenberg Art Capital Fund leisten, müssen sie dafür tief in die Tasche greifen: Zu den Verwaltungsgebühren von jährlich 1,75 Prozent addiert sich eine zwanzigprozentige erfolgsabhängige Vergütung. Der Fonds wurde als ein privates Placement konzipiert. Die Mindestanlagensumme liegt bei 100 000 Euro. Nach seiner siebenjährigen Laufzeit soll sich der Fonds am Schluss maximal 200 Kunstwerke angeeignet haben.

Den gravierendsten Nachteil eines Kunstinvestments dürfen Sammler allerdings nicht aus dem Auge verlieren: Die Anlageklasse der Gemälde ist sehr schlecht, wenn kurzfristige Liquidität erwünscht ist. In der Regel ist es nie möglich, das gewählte Objekt zum gewünschten Preis und zum passenden Zeitpunkt zu verkaufen.

Selbst Picassos Meisterwerke haben auf Kunstauktionen ab und zu das Nachsehen und wechseln den Besitzer nicht, wenn der passende Abnehmer nicht zugegen ist. (LB/BHB)


 
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