Von den äußerst niedrigen Hypothekenzinsen dieser Tage profitieren nicht nur Immobilienkäufer, sondern auch Immobilienbesitzer. Steht deren laufender Kredit zur Verlängerung an, ergeben sich hohe Einsparpotenziale. Bei einer Laufzeit von zehn Jahren können die Zinsen bei Immobilienkrediten momentan bei zwei bis drei Prozent liegen, sofern die finanzielle Situation des Darlehnsnehmers das ermöglicht. Vor einer Dekade war der Zins noch doppelt so hoch.
Zur Verdeutlichung hilft ein Zahlenbeispiel: Ein Kreditnehmer hat im Jahr 2002 einen Kredit aufgenommen, der 180 000 Euro betrug und mit 5,4 Prozent verzinst war. Dabei hat er sich für eine zweiprozentige Tilgung entschieden. Als monatliche Rate entrichtet er etwa 1110 Euro an sein Kreditinstitut. Die Zinsbindungsfrist läuft jetzt, 2012, zehn Jahre später, aus. Demnach liegt seine Restschuld jetzt bei 132 404 Euro.
In diesen Tagen kann der Kreditnehmer seinen Kredit mit einem Darlehenszins verlängern, der beispielsweise bei 2,8 Prozent liegt. Verändert er nichts an der Tilgung von zwei Prozent jährlich, fallen seine monatlichen Raten auf ein Niveau von 530 Euro. Zum einen beträgt seine Restschuld im Jahr 2022 dann rund 100 000 Euro, zum anderen ist unsicher, ob die Hypothekenzinsen in dieser fernen Zukunft immer noch auf derart niedrigem Stand sein werden.
Eine andere Variante erscheint da deutlich attraktiver: Bei einer unveränderten monatlichen Rate lässt er die Zinsersparnis in den Abbau des Kredits fließen. Der Tilgungssatz betrüge dann ganze 7,26 Prozent im Jahr. Ein Blick in die Zukunft bestätigt: Unser Modell-Kreditnehmer hätte im Jahr 2022 nach der Berechnung Felix Schnellbachers vom Verband deutscher Pfandbriefbanken (VdP), nur noch 21 618 Euro Restschulden.
Wie stark die Erleichterungen ausfallen können, wenn das gesunkene Zinsniveau den Kreditnehmern zugutekommt, die ihre Finanzierung schon vor einigen Jahren begannen, wurde eindrucksvoll bewiesen.
Die Kunst bleibt jedoch, diese mögliche Ersparnis in vollem Umfang ausnutzen zu können. Für Kreditnehmer ist es nicht leicht, solche Konditionen zu erhalten, weil jede Bank andere Konditionen anbietet. Manche sind günstiger, andere teurer. Der deutsche Markt kennt mehrere hundert Geldhäuser, die sich mit Immobilienfinanzierungen beschäftigen. Es scheint deshalb sehr unwahrscheinlich, dass eben genau dasjenige Institut heute am günstigsten ist, für das man sich in der Vergangenheit als Geldgeber entschieden hat.
Bei einer genauen Betrachtung hat sich sogar gezeigt, dass einige Banken dazu tendieren, von ihrem Bestandskunden bei einer Kreditverlängerung höhere Zinsen zu verlangen, beziehungsweise die günstigen Zinsen den Neukunden vorzubehalten.
Banken hoffen darauf, dass ihre Kunden träge sind. Darauf spekulieren sie ganz offensichtlich. Und tatsächlich scheut eine Vielzahl der Immobilienbesitzer den Aufwand. Immerhin müssen sie sich zehn Jahre nach Abschluss des Kredits am Markt noch einmal neu orientieren. Genauso scheint es ihnen zu viel Mühe zu bereiten, dem womöglich neuen Institut wiederum die eigene Finanzsituation darzulegen.
Außerdem helfen die Banken ihren Kunden nicht ausreichend auf die Sprünge. Eine Umfrage der Vermittlungsplattform Interhyp, zusammen mit der ING-Diba ergab, dass ein Großteil der befragten Kreditkunden von ihrem Kreditinstitut nicht aktiv beraten worden seien, als es darum ging, eine Anschlussfinanzierung auszuhandeln. Während rund drei Viertel der Umfrageteilnehmer von der Bank nur ein Standardschreiben erhalten hätten, das ihnen die Prolongation nahelegt, haben knappe sechs Prozent auch Hinweise auf Optimierungschancen erhalten. (LB/BHB)