Optisch mutet der Flughafen Kassel-Calden ein wenig wie Berlin-Schönefeld an. Von Billigfliegern bevorzugt, schmucklos und wenig beeindruckend. Und in der Tat hat es den Anschein, dass der Flughafen bereits vor seiner Eröffnung datiert ist, denn der Hauptstadtflughafen rückt immer wieder in die Ferne. Anders als in der hessischen Provinz, wo in Kürze die Eröffnung folgen wird.
Auf dem Pressetermin in Kassel anlässlich eines Probebetriebes sorgt der Berliner Flughafen für amüsante Unterhaltung. Die Frage eines Journalisten, was denn wohl in Hessen anders gemacht worden sei, wird von Jörg Ries, dem Sprecher der Geschäftsleitung, mit einem Schmunzeln beantwortet. Mit Berlin könne man sich nicht vergleichen, Kassel-Calden ist ein kleiner Flughafen.
Klare Verteilung der Verantwortung
Der 69-jährige Manager, der mit seinem äußeren Erscheinungsbild das genaue Gegenstück zu Klaus Wowereit verkörpert, legt jedoch nach. Es sei jedoch von vornherein klar festgelegt worden, wer wo seine Verantwortung zu tragen hat. Riess wurde von dem Frankfurter Flughafenbetreiber Fraport an die Bauträger des Flughafens Kassel-Calden ausgeliehen.
Während der gesamte Ablauf, von der Ankunft der Passagiere bis zu deren Abflug im Rahmen des Probetriebes durchgespielt wird, inklusive ausgefallenen Computern, weist Jörg Riess daraufhin, dass gezielt nach Fehlern geschaut würde, um diese bis zur Eröffnung am 04. April zu beseitigen.
Das Land Hessen, von dem auch der Großteil der Kosten für den Umbau übernommen wird, war die treibende Kraft bei der Entscheidung, den kleinen Flughafen Kassel-Calden einzustellen, um direkt nebenan einen immer noch kleinen Flughafen aufzubauen.
Ein Denkmal für die Nachwelt
Übrige Gelder fließen von der Stadt Kassel, den Landkreisen Kassel und Calden sowie aus den Töpfen der EU in das Projekt. Für viele ist der neue Flughafen nichts als ein Denkmal einiger Politiker. So auch für den Bauplaner Dieter Faulenbach da Costa. Von Anfang an habe er immer wieder betont, dass dieser Flughafen nicht gebraucht werde. Die umliegenden Gemeinden hat der Bauplaner bei ihren Klagen beraten. Für den Flughafen-Experten war der ursprüngliche Airport absolut ausreichend.
Doch ein Berg am ursprünglichen Standort sorgte dafür, dass die Gegenseite Recht bekam. Die ankommenden Flugzeuge müssten aufgrund des Berges in einem ungünstigen Winkel landen. Also musste der neue Flughafen her.
Aber wie auch in Berlin, ist der neue kleine Flughafen doppelt so teuer geworden als einst geplant. Insgesamt 271 Millionen Euro sollen es am Ende sein, von denen zwei Drittel vom Land Hessen getragen werden. Kein Vergleich zu den Summen, die im Zusammenhang mit dem Hauptstadtflughafen genannt werden, aber interessant, wenn man die zu erwartenden Fluggäste in ein Verhältnis mit den Investitionen bringt. So rechnet man in Kassel-Calden für das Jahr 2020 mit ca. 500.000 Fluggästen. 30 Millionen Passagiere werden dann in Berlin erwartet.
Ist der Hauptstadtflughafen vielleicht gar nicht so teuer?
Wenn man nun die Kosten beider Flughäfen durch die Anzahl der Fluggäste teilt, von denen ausgegangen wird, dann zahlt in Kassel jeder Steuerzahler 54 Euro pro Passagier, für den Pannen-Flughafen in Berlin sind es nur 14 Euro.
Faulenbach geht nach wie vor davon aus, dass Kassel-Calden sich niemals lohnen wird. Mit einem jährlichen Defizit während des laufenden Betriebes zwischen 8 und 10 Millionen Euro sei zu rechnen. Riess dagegen vertritt die Meinung, dass sich ein Flughafen betriebswirtschaftlich gar nicht rechnen muss, solange die Wirtschaft vor Ort angekurbelt wird.
Teurer Flughafen für Billigflieger
Auf die Frage, ob die Investoren bereit seien, auch in Zukunft immer wieder unbegrenzt Geldmittel zur Verfügung zu stellen, antwortet Ries, dass man die Hoffnung hege, bereits ab 2018 schwarze Zahlen zu schreiben. Sollte dies nicht der Fall sein, dann liegt die Hoffnung auf der Industrie, die sich hoffentlich auch irgendwann ansiedeln wird. Alles steht und fällt damit, ob es gelingen wird, Reiseveranstalter und Fluggesellschaften zu überzeugen.
Die Verantwortung in diesem Bereich liegt bei Gordon Jenner, Vertriebschef. Derzeit haben sich überwiegend Billigflieger für den Flughafen ausgesprochen. Darunter Germania und XL-Airways, die Mallorca, Teneriffa, Antalya und dergleichen anfliegen.
Was noch fehlt, sind Reiseveranstalter, die meisten Kunden buchen nicht direkt. Auf lange Sicht sind aber auch Linienflüge geplant, die weitaus lukrativer sind. Doch diese Dinge brauchen eben Zeit, so Jenner.
Von der Lufthansa kamen im Vorfeld bereits negative Stimmen zu dem Kleinstflughafen. Das könnte aber auch daran liegen, dass befürchtet wird, man könnte Fluggäste an die Billigflieger verlieren. Sollte die Lufthansa doch noch einlenken, dann würde das eher an extrem hohen Subventionen liegen, so Faulenbach. (DR/BHB)