Auf einem Meter Drogerieregal finden sich alle möglichen Zahnreinigungsprodukte von Colgage Max White, über Dontodent X-Clean und Oral-B Indicator bis zu Dr. Best Zwischenzahn. Ihre Verpackungen sind mit Grafiken übersät und halten kleine Texte voller beeindruckender Fachworte für den Kunden bereit. An der Idee selbst hat sich seit vielen Jahren nichts verändert: Ein Plastikstiel wird mit Kunststoff-Borsten kombiniert. Fertig ist die Zahnbürste. Sie ist schon ab 65 Cent zu erwerben, Kunden können aber auch mehr als fünf Euro dafür bezahlen.
In einem Jahr geben deutsche Verbraucher mehr als 200 Millionen Euro für Zahnbürsten aus. Der Markt ist inzwischen vielfältiger geworden, denn Milchzähne kommen genauso zu ihrem Recht, wie Teilprothesenträger. Obwohl die Bevölkerungszahl sinkt, wächst der Markt an. Das kann auf ein zunehmendes Gesundheitsbewusstsein zurückgeführt werden. Üblicherweise putzen wir uns mehrmals am Tag die Zähne und nutzen auch Produkte, wie die Zahnzwischenraumbürste. Eine Elektrozahnbürste gibt es inzwischen in jedem dritten Haushalt hierzulande, doch die Handzahnbürste dominiert weiterhin den Markt und wird zwei bis dreimal im Jahr durch eine neue ersetzt. Damit stehen wir im weltweiten Durchschnitt eher hintan. Die Amerikaner wechseln ihre Zahnbürsten weitaus häufiger.
All diese Zahlen und Fakten stammen aus dem Mund von Dirk Danne. Er leitet den größten konzernunabhängigen Zahnbürstenhersteller in Europa namens M+C Schiffer aus Neustadt in Rheinland-Pfalz. Allein an diesem Standort werden eine Million Zahnbürsten am Tag produziert. Das funktioniert vollautomatisch. Die Borsten – von Fachleuten als Filament bezeichnet – werden von Maschinen in die Borstenfelder der Plastikstile versenkt, bevor die fertigen Zahnbürsten vollmaschinell verpackt werden. Die Fabrikhallen werden am Schluss von Bürsten verlassen, die mit vielen unterschiedlichen Markennamen gespickt sind. GlaxoSmithKline vereint beispielsweise die Hersteller Dr. Best und Sensodyne unter seinem Namen. Procter & Gamble steht für Oral B, Philips für Sonicare, und Zahnbürsten der Marke „Signal“ gehen auf das Konto von Unilever. Die großen Discounter-Ketten Rewe, Aldi, dm und Rossmann werden genauso beliefert.
Laut Danne unterscheiden sich zwar die Produkte, aber bei den Qualitätsansprüchen verlangen alle Auftraggeber eine ähnliche Leistung von dem rheinland-pfälzischen Betrieb. Seit vier Generationen wird die Fischer Unternehmensgruppe von einer Familie geführt und beschäftigt derweil mehr als 1000 Mitarbeiter. In einhundert Länder exportieren sie ihre Erzeugnisse.
Deutschland sei auf dem Gebiet der Zahnbürste ein hart umkämpfter Markt. Deshalb werden die Käufer jährlich mit neuen Produkten und Ausstattungsmerkmalen überschwemmt: Das können sowohl extrafeine Filamente sein, die Zahnzwischenräume von Essensresten befreien, oder Spezialkunststoffe, wodurch die Schleimhaut geschützt wird. Ebenso sind Zungenreiniger in Mode gekommen, die sich auf der Rückseite des Bürstenkopfes befinden. Schräge Zwischenborsten kommen mittlerweile in jeden Winkel. Diese Auswahl beleuchtet die Innovationskraft der Zahnbürstenhersteller, die allein in der vergangenen halben Dekade freigesetzt worden ist. Unter anderem stammen sie aus der Universität Witten/Hardecke, wo ein Zahnputzroboter den ganzen Tag lang eingefärbte Gebisse putzt.
In Deutschland legen die Verbraucher Wert auf ein Zahnputzwerkzeug, das mit Technologie glänzen kann, die von wissenschaftlicher Expertise herrührt. Hingegen ist das in Spanien und Frankreich nicht weiter von Belang, weil der Wettbewerb hier ausschließlich durch den Preis ausgefochten wird.
Im Bereich der Mundhygieneindustrie können wir Indien als wichtigsten Wachstumsmarkt ansehen, denn dort lebt eine Milliarde Menschen, die potenzielle Kunden sind. Viele von ihnen hatten bis jetzt noch nie eine Zahnbürste im Mund. Umgerechnet muss ein Inder 15 Cent pro Mundreinigungswerkzeug zahlen.
Das weltgrößte Unternehmen für die Herstellung von Zahnbürsten ist Colgate. Nach eigenen Angaben zufolge hält es 32 Prozent des Weltmarktanteils. Man hole in Deutschland auf. Derzeit verkaufe man hier 15 Millionen Bürsten im Jahr und sei damit nur die Nummer zwei.
Erfahren Sie im zweiten Teil, was Mediziner über High-Tech-Zahnbürsten sagen. (LB/BHB)