Gerade wenn Tierärzte dann auch noch einzelne Tiere behandeln, um die Kosten für Medikamente gering zu halten, haben sie gegen die großen Praxen keine Chance mehr. Vor allem Antibiotika sind auch hier wieder ein großer Streitpunkt, denn obwohl seit 2006 EU-weit verboten ist, dass Antibiotika verabreicht werden, damit die Masttiere schneller wachsen, sind sie zur Bekämpfung verschiedener Krankheiten immer noch zugelassen. Und dann werden sie auch in großen Mengen verabreicht.
Eine Studie des Verbraucherministeriums Nordrhein-Westfalen deckte im November 2011 erschreckendes auf. 9 von 10 Masthühnern sollen so mit Antibiotika behandelt worden sein.
Bei Mastkälbern sieht es ähnlich aus. Von 22.500 Kälbern erhielten alle in ihrem Leben Antibiotika. Jedes zweite Tier soll sogar eine Mischung aus 9 bis 20 verschiedenen Antibiotika erhalten haben.
Um dies zu ändern möchte Bundesagrarministerin Ilse Aigner (CSU), das Arzneimittelgesetz ändern. So sollen Landwirte ab Frühjahr 2013 jeden Einsatz von Antibiotika in einer zentralen Datenbank melden. Dadurch sollen Durchschnittswerte ermittelt werden, die – werden sie überschritten – dazu führen können, dass die zuständigen Landesbehörden den Bauern striktere Auflagen erteilen.
Während sich Politik und Landwirtschaft in Sachen Antibiotika im Kreis drehen, sieht Roers den Fehler im System, denn die Landwirtschaft sei seiner Meinung nach viel zu stark industrialisiert worden. So seien daran vor allem größere Tierbestände auf einzelnen Höfen schuld, aber auch die Tatsache, dass Tierärzte an den Medikamenten mitverdienten, würde ihren Teil dazu beitragen.
„Es gibt einen klaren Verteilungskampf. Die Landwirtschaftsbetriebe werden immer größer und die Tierarztpraxen damit auch“, so Roers. Er kritisiert das System indirekter weiter, denn wenn ein Tier erkrankt, wird in den meisten Fällen, die ganze Herde behandelt. „Es ist in einem solchen Fall kein Zeichen schlechter Tiermedizin, Antibiotika an die ganze Gruppe zu verabreichen. Denn was soll man tun? An eine Einzeltierbehandlung ist in diesem System gar nicht gedacht. Also müssen Antibiotika her – es sei denn, der Bauer lässt die Tiere verrecken oder der Tierarzt wird moralisch.“
Wenn es nach ihm ginge, würden die Ställe wieder kleiner werden und Bereiche bieten, in denen man kranke Tiere isolieren kann.
Dem System liegt allerdings auch der Fehler zugrunde, dass die Bauern auf Antibiotika von großen Praxen oftmals satte Rabatte kassieren, denn die Tierärzte, die die Mittel günstig erwerben, legen ihre eigenen Preise fest. Grund genug für die Tierärztekammer, eine Preisbindung zu fordern. (NS/BHB)