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Fortschritte bei den Zahnbürsten?

Colgate schickt sich als US-Amerikanischer Hersteller natürlich nur mit einiger Innovationskraft an, in Deutschland Marktführer zu werden. Der mit technischem Schnickschnack verwöhnte Markt wurde mit zwei neuen Bürsten ausgestattet: Eine Bürste soll mit ihren mikrofeinen Borsten bis zu 88% weniger Zahnfleischbluten hervorrufen. Die andere hat den Auftrag, mit ihren Polierlamellen und Whitening-Borsten die Zähne weißer zu machen.


Echter Fortschritt durch High-Tech-Zahnbürsten?

Das ist jedenfalls die Behauptung des Herstellers. Der Beleg dafür werde in über 140 klinischen Studien erbracht. In dieser Branche gelten Kronzeugen als besonders beliebt, wenn sie von Beruf Mediziner sind.

Stellt man einem echten Dentisten die Frage, welche Art von Zahnbürste denn nun zu empfehlen sei, so kommt schnell ans Licht, was wir uns eigentlich schon lange gedacht hatten: Reiner Zajitschek ist im Vorstand des Freien Verbands Deutscher Zahnärzte beschäftigt und davon überzeugt, dass all die Innovationen der letzten Jahre pure Marketinggags gewesen sind.

Sobald eine Zahnbürste über abgerundete Borsten mit einem mittleren Härtegrad verfügt, kann sie guten Gewissens gekauft werden. Dieses Kriterium wird sogar schon von den Zweierpack-Zahnbürsten für 65 Cent erfüllt. Allerdings solle eine solche Bürste jeden Monat ausgewechselt werden. Zajitschek rät auch von Familienbürsten ab, da es in manchen Familien noch nicht üblich ist, dass jedes Familienmitglied seine eigene Zahnbürste verwendet.

Die Uni Göttingen hat ein Zentrum für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde, das vor einigen Jahren beim Tag der offenen Tür seine Besucher dazu aufforderte, ihre Zahnbürsten mitzubringen. Im Tausch sollten sie eine neue Bürste erhalten. Die Forscher sammelten insgesamt 650 Mundreinigungswerkzeuge ein und stellten fest, dass die preisgünstige Normkopfbürste für weniger als einen Euro am häufigsten Verwendung fand. Und das, obwohl Mediziner zu einer Kurzkopfbürste raten. Drei Viertel der befragten Personen gaben an, die Bürste nicht länger als einen bis drei Monate in Gebrauch zu haben. Möglicherweise handelt es sich dabei aber um Schutzbehauptungen, weil die Verbraucherzentralen mit ganz anderen Zahlen aufwarten können, die eine weniger positive Sprache sprechen.

Dr. Best ist die unumstößliche Nummer eins des deutschen Zahnbürstenmarktes. 1955 wurde die Marke von einer Bürstenfirma in Rheinland-Pfalz erfunden. Sie war durch britische Besatzer aufgefordert worden, die Produktion von Zahnbürsten zu übernehmen. Der Name der Firma: M+C Schiffer.

Bereits 1970 wurde die Marke an das britische Pharmaunternehmen GlaxoSmithKline verkauft. Inzwischen erwirtschaften die Briten ganze 27 Prozent des Zahnbürstenabsatzes in Deutschland. Das macht 40 Prozent des Branchenumsatzes aus. Dr. Best halte viele Patente auf dem Gebiet der Zahnbürstentechnologie und beanspruche damit auch die Innovationsführerschaft. Auch nach 50 Jahren könne die Zahnbürste nicht als ausentwickelt gelten, meint Klaus Reinbold. Er stammt aus der Entwicklungs- und Forschungsabteilung von Dr. Best.

Die medizinische Forschung in Großbritannien habe in Zusammenarbeit mit den hamburgischen Marketingkollegen laufend wichtige Neuerungen auf den Markt gebracht: Der neue Zungenschaber reduziert nachweislich bakteriellen Befall im Mundraum, die Seidenfeinborsten erreichen sogar äußert schwer erreichbare Stellen der Zahnzwischenräume. Diese Forschungsrichtung sei aktuell besonders bedeutsam für das Unternehmen. In der Regel bringt Dr. Best jedes Jahr eine neu entwickelte Zahnbürste auf den Markt. Reinbold ist stolz darauf, denn die Technologie dafür stammt aus Deutschland und wird von Marken wie GlaxoSmithKline weltweit vertrieben. (LB/BHB)


 
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