Rund 57.000 Seiten umfasst die Steuererklärung von General Electric für das Jahr 2011. Eine ausführliche Arbeit mit Wirkung. Trotz eines Gewinns von Milliarden Dollar zahlte das Unternehmen für 2011 keine Steuern und das vollkommen legal. Der Konzern erzielt einen Großteil seiner Gewinne im Ausland, dann werden die Einnahmen verschoben und Posten in der Bilanz gekonnt verrechnet. Freistellungsaufträge sind wirklich kein Thema.
Auf diese Art verfahren weltweit viele Konzerne. Zwei Milliarden Steuern ersparte sich Google im selben Jahr dadurch, dass man rund zehn Milliarden Dollar auf die Bermudas schaffte. Die Steuerrate von Google liegt bei 3,2 Prozent, angemessen wären eigentlich 34 Prozent.
Seit Jahren verfahren die global agierenden Konzerne auf diese Art und Wiese. Doch nun regt sich Widerstand von internationaler und äußerst einflussreicher Seite.
Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) hat in einem ausführlichen Bericht die Weltkonzerne an den Pranger gestellt. Nun soll die Ausarbeitung eines Aktionsplanes gegen die zwar legalen, aber gesellschaftlich absolut inakzeptablen Praktiken folgen. Ein erster Vorschlag sieht vor, die internationalen Standards bei der Besteuerung zu ändern und für interne Verrechnungen neue Regeln auszustellen.
Ein riesiges gesellschaftliches Problem
In einem Interview mit dem „Handelsblatt“ am Mittwoch wurde Angel Gurria , OECD-Generalsekretär, noch deutlicher. So kritisierte er einen fiskalpolitischen Missstand, der durch das lückenhafte Steuerabkommen der einzelnen Industrieländer entstanden sei. Für Gurria befinden wir uns derzeit in einem Zustand der „doppelten Nicht-Besteuerung“. Die Gesetze müssten dringend geändert werden, und zwar gemeinsam und auf eine abgestimmte Weise.
In deutlichen Worten erklärte Gurria, dass wir vor einem gigantischen gesellschaftlichen Problem stehen. Die ungerechte Lastenverteilung schürrt den Zorn der Bürger. Der OECD-Generalsekretär befürchtet, wenn jetzt nicht gehandelt wird, könnte es in den Innenstädten zu Ausschreitungen kommen.
Auch die EU kämpft gegen die unsoziale Steuerminderung und hat bereits einen Aktionsplan ausgearbeitet und auch vorgelegt. Unter anderem werden die Staaten dazu angehalten, die Doppelbesteuerungsabkommen zu bereinigen. Der Steuerkommissar Algirdas Semeta beklagte bereits im Dezember, dass der EU sowohl durch Steuerhinterziehung, als auch durch Steuerumgehung rund eine Billion Euro im Jahr verloren gehen. (DR/BHB)