Schon in den letzten Jahren stand der Konkurrenzkampf zwischen den Smartphone-Betriebssystemen im Zentrum der Aufmerksamkeit bei der Branchenmesse namens Mobile World Congress. Als erstes betrat Apple mit iOS, dem Betriebssystem fürs iPhone, die Bildfläche. Dann folgte Google mit Android und entwickelte sich zum Marktführer: Mittlerweile wird es von 65 Prozent der Smartphonenenutzer verwendet. Microsoft stieg mit seinem Windwos Phone ebenfalls in den Markt ein. Laut Manfred Kloiber, einem Fachjournalist für Kommunikation und Computer, ist aber noch Platz für Konkurrenz auf diesem Markt. Nach wie vor liefern sich die Betriebssystemanbieter einen Wettstreit um die Gunst der Anbieter. Jetzt haben zwei Open-Source-Projekte ihre neuen Betriebssysteme vorgestellt. Ubuntu, das beliebte Linux-Betriebssystem für PCs, hält jetzt auch als Smartphone-Version Einzug in den Markt für Mobilgeräte. Außerdem ist Firefox OS vorgestellt worden. Einerseits ist es frei verfügbar durch Open Source, und zum anderen – worin die Neuheit besteht – ist es browserbasiert. Firefox ist für seinen vielgenutzten Internetbrowser ja bekannt. Auf diese Weise arbeitet auch das Betriebssystem: Es basiert nicht auf dem herkömmlichen App-Modell, bei dem eine Anwendung geladen und installiert werden muss, bevor der entsprechende Dienst – beispielsweise Navigation oder ein Spiel – ausgeführt werden kann. Das Browsermodell ermöglicht alles in einem: Möchte der Nutzer eine neue Anwendung verwenden, wird die Ablaufumgebung gleich zusammen mit den Inhalten geladen. Das macht auf anderen Systemen die App. Der Vorteil besteht hier in der verzögerungsfreien Bereitstellung des Dienstes. Die Entwickler des Firefox OS haben dafür vollständig den Webstandard HTML5 verwendet, von dem verbindlich festgelegt wird, auf welche Weise eine Multimediaanwendung programmiert wird, damit sie unabhängig vom Betriebssystem funktioniert.
Das hat den Vorteil gegenüber einem App-Betriebssystem, dass das entsprechende Programm nur einmal für das Web programmiert zu werden braucht und nicht für jedes einzelne Betriebssystem. Sucht der Nutzer einen Dienst, ist er dabei nicht auf den Appstore des jeweiligen Betriebssystemvertreibers angewiesen, sondern kann das ganze Internet durchsuchen, weil der Inhalt von einem beliebigen Ort heruntergeladen werden kann. Hier existiert also kein „Gartenzaun-Modell“ mehr, das von Google und Apple verwendet wird und darauf basiert, das Betriebssystem von außen abzuschotten.
Deshalb ist die Resonanz der Branche auch sehr groß. Neben der Deutschen Telekom unterstützen viele namhafte Telekommunikationsunternehmen das neue Betriebssystem. Allerdings handelt es sich bei der Stiftung, die hinter Firefox steht, der Mozilla Foundation, um eine Non-Profit-Organisation. Ihre Berührungspunkte mit der Mobilfunkbranche waren bislang eher rar gesät. Zur rechten Zeit bietet sie jedoch den Netzbetreibern eine Alternative an, weil die Mobilfunkunternehmen vom Gartenzaunmodell Googles und Apples nicht mehr angetan sind. Die Umsätze mit Software und Dienstleistung machen heute weitgehend die Bereitsteller des Betriebssystems, während die Netzanbieter Probleme bekommen, ihren Netzausbau fortzuführen. Sie versprechen sich von einem offenen System dementsprechend mehr und bieten ihre Unterstützung an.
Es wird nicht mehr lange dauern, bis die Neuheit den Markt erreicht. Schon im Sommer wollen es die Netzbetreiber zum Verkauf anbieten – anfangs werden jedoch nur Schwellenländer und Osteuropa in den Genuss kommen. Dort besteht die Hoffnung auf einen dynamischen Prozess im Markt und darauf, dass der nicht von den aktuellen Platzhirschen dominiert sein wird. Mit der Software können eigentlich fast alle Endgeräte betrieben werden, aber nur echte Experten sind in der Lage, es aufzuspielen. Sind Verbraucher hierzulande an dem neuen System interessiert, sollten sie besser warten, bis es zusammen mit den dafür entwickelten Smartphones angeboten wird. Und das kann nicht mehr lange dauern: Vier bekannte Firmen – darunter auch chinesische – kündigten bereits an, dass sie dafür Endgeräte herstellen werden. Mittlerweile wurden sogar schon Einstiegspreise genannt, die bei etwa 100 Euro liegen. (LB/BHB)