Sie mögen die Einleitung für einen Auszug aus einem Science-Fiction-Roman halten, doch so soll das Lernen spätestens 2036 ablaufen. Mit dem virtuellen Lehrer sind Computerprogramme gemeint, die auf enorme Datenmengen zurückgreifen und eventuell später über intelligente Oberflächen in Form von Gesichtern verfügen. Der virtuelle Lehrer regt seinen Schüler an und sieht bei ungenügenden Lernerfolgen von Bestrafungen ab. Spätestens in zwanzig Jahren sollen bereit fünfjährige Kinder von individuell ausgerichteten Computerprogrammen unterrichtet werden.
Individualerziehung verändert das Lernen
Die zur technisierten Lernrevolution benötigten Komponenten sind bereits Realität, denn Computerprogramme mit Spracherkennung werden bereits von allen großen Technologieunternehmen verwendet. Und die hinter den Programmen stehenden Algorithmen können heute schon über raffinierte Mustererkennungen spezifische Vorlieben auswerten. Jetzt sollen die in der Wirtschaft genutzten Komponenten auf Bildung ausgerichtet werden.
Das erfordert zunächst die Aufnahme von Lerndialogen zwischen Schülern und Lehrern sowie Studenten und Professoren. Diese millionenfach stattfindenden Dialoge sollen maschinell verglichen und seitens des Erfolgs bewertet werden. Die Mixtur aus Algorithmen und Computerprogrammen mit Spracherkennung wird das Lernen revolutionieren. Um die Bildung darauf umzustellen, sind jedoch umfassende praktische Versuche notwendig. Nicht zuletzt kann sich das System in der Praxis selbst optimieren. Computerprogramme fördern die Individualerziehung und wollen den seit 250 Jahren praktizierten Gruppenunterricht als historische Verwirrung darstellen.
2036 soll das Lernen nicht mehr langweilig sein
Die Bildung in Schulen der Gegenwart ist nicht auf einzelne ausgerichtet, sondern orientiert sich beim Gruppenunterricht an den schwächeren Schülern. Ein Lehrer muss zuerst dafür sorgen, dass alle Lernenden den Unterrichtsstoff verstehen, bevor er schnell lernenden Schülern neue Aufgaben gibt. Die Cleveren müssen daher auf die Langsamen warten und das führt zur Langeweile sowie zu schwindender Motivation.
Das Studium mit Computerprogrammen kann zu verbesserter, individualisierter Bildung führen und ist zukünftig nicht mehr auf bestimmte Fächer oder die Schulzeit begrenzt. Das Leben als Schule begreifen und in jedem Alter weiterführende Kurse absolvieren, sind die Normen des 21. Jahrhunderts. Während Lehrer sich Wissen zu anderen Schulfächern aneignen, erlernen Schüler und Arbeitnehmer Fremdsprachen und neue Techniken. Für die Qualifikation auf dem Arbeitsmarkt ist nicht mehr das Alter, sondern nur noch der Wissensstand entscheidend.
Negative Aspekte
Lernen über Computerprogramme reduziert die Kommunikation mit Mitschülern und generiert empathielose Einzelindividuen, sollten keine entgegenwirkenden Ausgleiche geschaffen werden. Die dazu von amerikanischen Psychologen durchgeführten Studien schließen allerdings mangels praktischer Erfahrungen von Computerspielen auf computerisierte Lernprogramme.
Die gewaltigen Datenmengen bringen zudem Sorgen über den Datenschutz hervor. Die umfangreichen und von jedem Einzelnen gesammelten Daten werfen Fragen zur Verwendung auf, fehlende Antworten lassen Spielraum für individuelle Vermutungen. Das betrifft auch die Computerprogramme, welche zwar das Lernen erleichtern wollen, aber keine Auskunft über eigentliche Erziehungsziele geben. Experten räumen der geplanten Individualerziehung jedoch dann Erfolg ein, wenn die Schüler eigene Lernziele vorgeben.