Unter sich bleiben: Heiraten als Teil persönlicher Finanzplanung

Was ist passiert? Noch vor wenigen Jahrzehnten heiratete der Chefarzt seine Lieblingskrankenschwester, heute zieht er gut verdienende Frauen als Heiratskandidatinnen vor. Wo liegen die Gründe für einen Sinneswandel in der Paarbildung, der die soziale Spaltung zu zementieren scheint?


Finanzplanung

Finanzplanung bestimmt Paarbildung

"Marry your like" (Heirate deinesgleichen) lautet die Forschungsarbeit von Wirtschaftswissenschaftler Jeremy Greenwood und Kollegen, Universität Pennsylvania. Wo Amerikaner aus Gründen der Finanzplanung unter sich bleiben, brachten die letzten Jahrzehnte zunehmende soziale Ungleichheit: Immer mehr bestimmen sozialer Status auf ähnlichem Niveau die Paarbildung. Würde heute ein Zufallsgenerator Partner automatisch zuweisen, fiele die Ungleichheit US-amerikanischer Haushaltseinkommen um gute 20 Prozent auf das Niveau von 1960 zurück.

Noch vor wenigen Jahrzehnten wählte die Mehrzahl deutscher Männer eine Partnerin mit merklich niedrigerem Bildungsstand und Einkommen, die so sozial aufstieg. Gesamtgesellschaftlich bewirkte diese Umverteilung in der Ehegemeinschaft einen Ausgleich der Einkommensverhältnisse deutscher Haushalte. Inzwischen heiratet nur noch jeder fünfte gutausgebildete Mann mit gehobenem Einkommen unter Stand, bei gutsituierten Akademikerinnen mit durchdachter Finanzplanung sind es noch weniger. So nimmt die Zahl sowohl wohlhabender als auch schmal budgetierter Haushalte zu, während die Abstände zwischen den Haushalten größer werden.

Paarbildung: Einkommensunterschiede schwinden

80 Prozent deutscher Paare haben laut Soziologe Hans-Peter Blossfeld, Universität Bamberg, ein ähnliches Bildungsniveau. Die daraus resultierende Ungleichheit misst der Gini-Koeffizient auf Basis von Einkommensunterschieden in einer Gesellschaft. Null steht für komplett gleich, Eins für extrem ungleich. Die gleichsten Industriestaaten? Skandinavische Länder, mit Werten um 0,25. Der Gini-Koeffizient der USA? Mit 0,43 eher ungleich - würden Amerikaner jetzt wie 1960 heiraten, fiele der Wert auf 0,34. Eine Zeit, als ein Vorstandschef noch nicht das Dreihundertfache seiner Arbeiter verdiente. Langfristig zeigt der Gini-Trend auch in Deutschland nach oben. Einkommensunterschiede zwischen Ehepartnern wurden in den letzten Jahren geringer, so Statistiker Christoph Schröder vom Institut der deutschen Wirtschaft - etwas, das die Einkommensungleichheit der Gesellschaft verschärft hat.

Ehemann als Teil anspruchsvoller Finanzplanung 

Die Finanzplanung emanzipierter, gut ausgebildeter Frauen sieht einen Ehemann für den eigenen Aufstieg nicht vor. Weil ihre Zahl wächst, steigt die Auswahl für gutsituierte Männer - ein Instrument der Finanzplanung, das den Lebensstandard weiter steigert. Doch Frauen denken traditionell: Ihr Mann sollte wenigstens genauso gut verdienen wie sie selbst. Je höher der Bildungsgrad, desto anspruchsvoller die Frauen bei der Paarbildung - eine Durchmischung ist wenig wahrscheinlich. Auf der anderen Seite behandeln Männer Dominanz nachrangig. Weil die Auswahl im Internet verlockend groß ist, prüft gerade in unsicheren Zeiten länger, wer sich ewig bindet, weiß der Münchner Paartherapeut Wolfgang Schmidbauer.

Deutsche Forschung: Faktor Paarbildung unwesentlich 

Anders als Jeremy Greenwood machen deutsche Forscher andere Faktoren als Finanzplanung bei der Paarbildung für die sprichwörtliche Schere zwischen Arm und Reich verantwortlich. Sie führen ungleiche Einkommensentwicklung bei Arbeitsplätzen mit niedriger bzw. hoher Qualifikationsvoraussetzung genauso ins Feld wie steigende Langzeitarbeitslosigkeit bei Männern. Ein Ansatz, der es ermöglicht, Einkommensunterschiede oder Arbeitsmarktprobleme mit politischen Instrumenten anzupacken, was bei privaten Heiratsentscheidungen illusorisch wirkt. Aber auch eine realitätsferne Strategie in einer globalisierten Welt: Wer heiratet, den treiben - vor allem in gutsituierten Kreisen - selten nur romantische Erwägungen, sondern handfeste wirtschaftliche Interessen. Legitime Finanzplanung, schließlich möchten wir alle gut leben, oder?

Wirklich spannend könnte werden, wie sich gleichgeschlechtliche Paarbildung in dieser Hinsicht gesellschaftlich wiederfindet. Man ahnt es: Internationale Gay-Agenturen werben längst damit, gleichgesinnte Akademiker, Manager oder bekannte Kreative zusammenzubringen. 


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