Tulpenmanie: Prototyp einer Börsenkrise
Die Tulpenkrise kann als Prototyp moderner Crashs gesehen werden. Viele Erscheinungen an heutigen Finanzmärkten waren bereits damals zu beobachten. Und auch in punkto Derivate hatte der Tulpenwahn schon interessante Entwicklungen zu bieten. Ein Blick auf die Tulpenmanie ist daher über die rein historische Betrachtung hinaus ein Lehrstück für die Gegenwart. Die Tulpe entwickelte sich in den Niederlanden zu einer Zeit zum Spekulationsobjekt, als das Land großen Wohlstand erlebte. Die Unabhängigkeit der sogenannten Generalstaaten, der Handel mit Indien und die Eroberung von Märkten, als viele Konkurrenten durch den Dreißigjährigen Krieg gebunden waren, führten zu bedeutendem Reichtum. In dieser Zeit nahm die Amsterdamer Wechselbank als erste Zentralbank modernen Zuschnitts ihre Arbeit auf und betrieb eine - wie man heute sagt - lockere Geldpolitik.
Selten, begehrt, knapp: gut für Spekulation
Tulpen waren damals eine exotische Innovation. Ursprünglich aus Persien stammend fand sie über die Türkei und den Wiener Kaiserhof den Weg in die Niederlande. Dort entwickelte sie sich schnell zu einem Liebhaberobjekt. Als knappes, seltenes und begehrtes Gut erfüllte sie alle Voraussetzungen eines Handelsguts. Schon bald blühte der Tulpenhandel.
Gehandelt wurden Tulpenzwiebeln - und zwar nicht nur als Kassageschäft, sondern auch auf der Basis von Terminkontrakten. Auch ein weiteres Phänomen moderner Finanzmärkte gab es damals schon: Leerverkäufe. Beim sogenannte Windhandel verkauften Händler Tulpenzwiebeln, noch ehe sie sie besaßen - immer in der Hoffnung auf Kursgewinne. Tatsächlich trieb die Nachfrage die Tulpenpreise nach oben, mit steigenden Kursen sprangen immer mehr Niederländer auf die Kursrallye auf. Schließlich war auch der Mann von der Straße im Tulpenhandel engagiert. Für seltene Exemplare wurden fantastische Preise gezahlt. Die wertvollste Sorte 'Semper Augustus' erzielte nach heutigem Wert einen Preis von mehreren Zehntausend Euro pro Zwiebel.
Der Börsencrash 1637
Im Winter 1636/37 kam es schließlich zum Börsencrash. Nachdem bei einer Auktion der Aufwärtstrend erstmals gestoppt wurde, brach Panik aus und die Kurse kollabierten. Sogar Formen des staatlichen Eingreifens beim Börsencrash gab es damals schon. Kommissionen kümmerten sich um Schlichtung. Gegen Strafzahlung kamen viele Händler aus ihren jetzt ruinösen Kontrakten heraus. Danach wurde die Tulpe zwar zum Exportschlager, die Tulpenmanie gehörte aber der Vergangenheit an. Spätere Spekulationsblasen drehten sich um andere Handelsgüter. Das Muster blieb jedoch gleich.