Unterschiedliche wissenschaftliche Disziplinen befassen sich mit der Schwarmintelligenz: Soziologen, Biologen, Psychologen, Informatiker und Naturwissenschaftler können daraus wichtige Erkenntnisse gewinnen.
Schwarmintelligenz in der Tierwelt
Die Ursprünge der Schwarmintelligenz-Forschung stammen aus der Biologie. Hier wurde das Schwarmverhalten erstmals näher betrachtet. Beispiele für Schwarmintelligenz in der Tierwelt gibt es viele: Insektenstaaten oder Fischschwärme sind bekannte Beispiele. Hier wurde untersucht, wie es möglich ist, dass es durch das abgestimmte Verhalten einzelner Glieder eines Schwarms mit begrenztem Überblick und Wissen eine übergeordnete Schwarmintelligenz entsteht.
Übertragung auf menschliches Verhalten
Die Erkenntnisse lassen sich auch auf menschliches Verhalten übertragen. In einer globalisierten Welt, die über das Internet und andere Informations- und Kommunikationstechnologien miteinander vernetzt ist, steht jedem Menschen ein schier unüberschaubarer Pool an Informationen und Wissen zur Verfügung. Jedes Individuum kann effektiv nur einen eng begrenzten Ausschnitt davon nutzen. Dennoch ist es möglich, dass durch Schwarmverhalten daraus ein sinnvolles weiterführendes Erkennen und Handeln menschlicher Gesellschaften entsteht, das mehr ist als die Summe seiner einzelnen Teile.
Beispiele für solches Verhalten findet man in der Realität viele. Eines davon ist der sogenannte 'arabische Frühling'. Ohne das Zusammenwirken Vieler im Rahmen der sozialen Netzwerke wäre die Massenbewegung in etlichen arabischen Staaten kaum denkbar gewesen. Schwarmintelligenz bleibt aber nicht auf soziologische oder politische Phänomene beschränkt. Auch im wirtschaftlichen Bereich lässt sie sich beobachten, beispielsweise bei Börsenentwicklungen.
Veränderung der persönlichen Beziehungen
Die Schwarmintelligenz hat nicht nur positive Seiten. Eins ist dabei unbestritten. In dem Maße, in dem das Denken und Handeln des Einzelnen zunehmend mit dem anderer Menschen vernetzt wird, hat dies Auswirkungen auf die persönliche Befindlichkeit und die sozialen Beziehungen. Über soziale Netzwerke können heute persönliche Kontakte im Vergleich zu früher vervielfacht werden. Gleichzeitig leidet dadurch aber tendenziell die Kontakttiefe. Beziehungen drohen zu verflachen. Die Fähigkeit, sich längerfristig an einen anderen Menschen zu binden, leidet und es entsteht eine Kultur der Unverbindlichkeit.
Intelligenterer Schwarm - dümmere Individuen?
Wenn durch die Vernetzung auch die Intelligenz des Schwarms zunehmen mag, für den Einzelnen gilt dies noch lange nicht. Im Gegenteil: Dadurch, dass Wissen leichter verfügbar ist und man sich im Zweifel auf die Erfahrungen anderer verlässt, steigt nicht unbedingt die Fähigkeit, sich Kenntnisse selbst anzueignen und nutzbar zu machen. Das Ergebnis erscheint paradox: zunehmende Schwarmintelligenz kann gleichzeitig mit wachsender Dummheit der Schwarmmitglieder einhergehen.
Noch stehen wir am Anfang der Schwarmintelligenz-Forschung. Die Auswirkungen des Internets und der Globalisierung sind noch zu neu, um eine abschließende Bewertung durchführen zu können. Für die Wissenschaft bietet das Phänomen Schwarmintelligenz daher noch lange ein faszinierendes Untersuchungsfeld.