Moderne Stadtentwicklung: Radfahren als Konzept

Radfahren ist eine gesunde Art der Fortbewegung - sie verursacht weder Lärm noch Luftverschmutzung und bringt Vergnügen mit sich. Die Entscheidungsträger vieler Kommunen möchten mit Investitionen in den Radverkehr den Mobilitätswandel beschleunigen. Doch kostet moderne Stadtentwicklung Geld, welches aufgrund chronisch leerer Kassen naturgemäß knapp bemessen ist.


Radfahren

Das Projekt European Biking Cities vereinigt sechs dem Radfahren besonders zugewandte europäische Orte. Alle wollen ihre bislang gemachten Erfahrungen teilen und von der gemeinsamen Kreativität profitieren. Ihre vor Kurzem veröffentlichte Broschüre zeigt, dass der Wunsch nach mehr Radverkehr politischen Willen und klare Entscheidungen erfordert.

Der Verkehrsclub Deutschland (VCD) macht sich für die Radfahrer stark

Der VCD ist im Rahmen seines Saubere-Luft-Projekts Urheber von European Biking Cities. Für Deutschland beteiligten sich Potsdam und Mannheim, für Großbritannien Brighton & Hove, Bozen für Italien, Straßburg für Frankreich und für Nordspanien Vitoria-Gasteiz. Die baskische Landeshauptstadt demonstriert eindrucksvoll, dass Radfahren mit politischem Engagement innerhalb kürzester Zeit gesellschaftsfähig werden kann.

Innerhalb eines Jahrzehnts hat Vitoria-Gasteiz den innerstädtischen Radfahreranteil von gut drei auf mehr als 12 Prozent gesteigert. Das konnte nur mit klar definiertem politischen Willen funktionieren und hatte den konsequenten Umbau der urbanen Infrastruktur zur Folge. 

Maßnahmen, die Radfahren attraktiver und sicherer gestalten

Die Entscheidungsträger der baskischen Hauptstadt verabschiedeten 2008 einen sogenannten nachhaltigen Mobilitätsplan. Damit reduzierten die Verantwortlichen den ständig ansteigenden Autoverkehr im Stadtzentrum. Vitoria-Gasteiz wurde wieder zur Stadt mit hohem Fußgängeranteil, welche zudem in den vergangenen drei Jahrzehnten enormen Einwohnerzuwachs erlebte.

Noch 2008 wurden öffentliche Straßen und Plätze zu 64 Prozent von Autos zugeparkt, mittlerweile stehen Kraftfahrzeugen nur noch 20 Prozent des Straßenraums zur Verfügung, der Rest ist Fußgängern und Radfahrern vorbehalten.  Das ging natürlich nicht mit gutem Zureden, sondern dazu waren massive Eingriffe in die urbane Infrastruktur erforderlich.

Breite Durchgangsstraßen wurden von einstmals sechs Fahrspuren und Standspuren auf eine Autospur in jede Richtung verschmälert. Die Autoparkplätze sind verschwunden, stattdessen fährt eine Straßenbahn über einen breiten Grünstreifen. Radfahrer benutzen die Fahrbahn oder teilen sich die breiten Gehwege mit Fußgängern. 

Autos müssen Radfahrern weichen

Die Stadtplaner fassen Wohngebiete in Blocks mit verkehrsberuhigten Einbahnstraßen zusammen, Radfahren ist hier besonders gefahrlos. Autofahrer werden mit enorm gestiegenen Parkkosten zum Umsteigen fast schon gezwungen. Öffentliche Verkehrsmittel fahren zudem mit schnellerer Taktung.

Das Konzept der Stadtplaner scheint aufzugehen: Die Einwohner gehen wieder zu Fuß oder fahren Rad, der innerstädtische Anteil an Kraftfahrzeugen ist auf 25 Prozent gesunken. 

Mit ähnlichen Maßnahmen wollen auch die anderen Städte des VCD-Projekts das Radfahren attraktiver gestalten. In Brighton & Hove wurde zudem auf allen Straßen eine Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h angeordnet. Andere Städte verlagern den Gütertransport in die Zentren zunehmend auf Cargo-Bikes.

Und es geht doch ...

Diese Beispiele zeigen: Ein völliges Verändern der städtischen Mobilitätsströme ist möglich. Man muss es nur wollen und genügend Durchhaltevermögen haben. Mittelfristig gewinnen derartige Städte enorm: Wertschätzung, bessere Gesundheit und höhere Fitness der Einwohner. Es lohnt sich also, die eigene Gemeinde davon zu überzeugen.


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