Doch der Ölpreis hat sich seit Jahresbeginn mehr als halbiert, das Königreich macht Milliardenverluste. Dank seines Rohstoff-Reichtums erfreute sich Saudi-Arabien über Jahrzehnte ungebrochener Prosperität. Doch seit die Preise für Öl auf dem Weltmarkt im freien Fall sind, haben sich die Perspektiven des Landes deutlich eingetrübt. Erstmals machen sich Zeichen einer ernsten Krise breit.
Risiko der Staatspleite wächst
Tatsächlich ist die Ölpreisentwicklung für Saudi-Arabien gleichbedeutend mit gewaltigen Milliarden-Verlusten. Das wird unmittelbar klar, wenn man den aktuellen Preis von knapp 45 US-Dollar pro Barrel mit dem vor Jahresfrist vergleicht. Damals kostete ein Barrel noch rund 100 US-Dollar, mehr als doppelt so viel. Das Land trägt selbst viel zu dieser Situation bei. Saudi-Arabien hat trotz verhaltener weltweiter Öl-Nachfrage seine Fördermengen erheblich ausgeweitet.
Dahinter steckt der Versuch, der US-Frackingindustrie das Wasser abzugraben. Sie hat sich zu einer ernst zu nehmenden Konkurrenz entwickelt und bedroht die Position des Königreichs auf den Ölmärkten nachhaltig. Noch leistet sich das Land gigantische Investitionsprojekte wie eine neue Metro für 20 Milliarden US-Dollar in der Hauptstadt Riad oder eine Retortenstadt für 100 Milliarden US-Dollar am Roten Meer. King Abdullah Economic City soll zu einer Millionenmetropole und zum modernsten Wirtschaftszentrum der Region werden.
Doch die Zeiten, wo solche Vorhaben quasi aus den laufenden Einnahmen finanziert wurden, sind vorbei. Saudi-Arabien muss seine Reserven angreifen. Der Staatsschatz von 656 Milliarden US-Dollar wurde bereits um 75 Milliarden US-Dollar erleichtert und schmilzt weiter dahin.
Eine gefährliche Situation
Der Staatshaushalt weist mittlerweile große Defizite auf. Der Ölpreis müsste wieder auf 82 US-Dollar steigen, um für Ausgleich zu sorgen. Dies ist aber derzeit nicht abzusehen. An den Finanzmärkten wird die Wahrscheinlichkeit einer Staatspleite auf Zehn-Jahres-Sicht auf 23 Prozent taxiert - eine bis vor Kurzem noch undenkbare Einschätzung. Unter diesen ungünstigen Rahmenbedingungen trägt sich das Königreich sogar mit dem Gedanken, Staatsanleihen auf den internationalen Kapitalmärkten zu platzieren, um seine Haushaltslöcher zu stopfen. Die angeschlagene wirtschaftliche Lage des Landes bietet Grund zur Sorge. Sie verschärft die ohnehin gefährliche Situation im Nahen Osten.
Saudi-Arabien galt bislang als ein zwar nicht unproblematischer, aber einigermaßen berechenbarer Partner des Westens in der Region. Im Syrien-Konflikt kommt dem Land eine Schlüsselposition zu, die wirtschaftliche Solidität voraussetzt. Weniger Einnahmen aus Öl gefährden überdies die innere Stabilität des Königreichs. Denn große Summen wurden bislang auch dazu verwandt, soziale Wohltaten und einen üppigen Staatsapparat zu finanzieren. Für deutsche Unternehmen dürfte Saudi-Arabien als Absatzmarkt schwieriger werden.