Keine Aktienkultur in Deutschland

Die Situation erscheint paradox. Während sich die Aktienkurse in den letzten Jahren mehr als verdoppelt haben, ist die Zahl der Aktionäre hierzulande kontinuierlich rückläufig. Es gibt keine Aktienkultur in Deutschland.


Aktienkultur

Die Skepsis gegenüber Aktien wächst 

Nur jeder siebte Deutsche investiert überhaupt in Aktien oder Aktienfonds. Und es könnten noch weniger werden, wenn sich der Trend fortsetzt. Seit 2012 hat sich die Zahl der Aktionäre hierzulande von 9,5 Millionen auf 8,4 Millionen verringert. Der Bundesbürger ist Aktien gegenüber nach wie vor sehr kritisch eingestellt. Das belegen auch Umfragen. In einer gemeinsam vom Deutschen Aktieninstitut DAI und der Stuttgarter Börse beauftragten Befragung gaben 31 Prozent der Teilnehmer an, seit der Finanzkrise negativer über Aktien zu denken. Nur drei Prozent waren positiver eingestellt. 

Das erstaunliche dabei ist: Aktienbesitzer zeigten sich in der Umfrage skeptischer als Nichtaktionäre. Bei den Aktionären hatte sich die Position gegenüber Aktien bei 37 Prozent der Befragten negativ verändert. Dieses Ergebnis überrascht, denn es wird durch reale Fakten kaum untermauert. Keine Anlagekategorie konnte in den letzten Jahren eine so positive Entwicklung erzielen. Gegenüber der Verdoppelung der Kurse wirken die Renditen anderer Anlageformen geradezu vernachlässigenswert. 

Fehlende Aktienkultur - das sind die Gründe 

Woran liegt es, dass eine Aktienkultur in Deutschland nach wie vor nicht vorhanden ist? Die Ursachen sind vielfältig: 

  • Die Alterssicherung baut nach wie vor stark auf der gesetzlichen Rente und Lebensversicherungen auf. Aktien spielen dabei kaum eine Rolle. Das Aktiensparen als Form der Altersvorsorge muss immer noch entdeckt werden. 
  • Vielen Anlegern stecken Negativerfahrungen in den Knochen. Es ist nicht nur die Finanzkrise, die nachwirkt. Auch ungute Erinnerungen an die T-Aktie und den Kollaps des Neuen Marktes schrecken manchen ab. 
  • Die Aktie wird vor allem als spekulatives Instrument gesehen, weniger verbreitet ist der Gedanke des systematischen Vermögensaufbaus mit Aktien. Der Ruf des hohen Risikos und ggf. eigene Verlusterfahrungen sind dabei hinderlich. Vielen Anlegern fehlt es auch an dem nötigen Hintergrundwissen.
  • Die Finanzindustrie fördert die Aktienkultur nicht. Banken empfehlen Anlegern nach wie vor gerne ihre eigenen Einlagenprodukte. Das vermeintliche Aktienrisiko ist dabei ein vielfach genutztes Verkaufsargument. Wenn es um Aktienprodukte geht, wollen die Institute vor allem daran verdienen. Deshalb fallen in der Beratung die zwar günstigen, aber provisionsarmen ETF oft unter den Tisch und Anlegern werden häufige Umschichtungen empfohlen, bei denen die Bank Erträge aus Gebühren und Provisionen erzielt, die aber für Anleger oft genug Verluste bedeuten. 

Es gibt noch viel für die Förderung der Aktienkultur in Deutschland zu tun.


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