Jedes Jahr erleiden Anleger einen Schaden von rund 50 Milliarden Euro. Davon gehen Experten wie der Finanzwissenschaftler Andreas Oehler von der Universität Bamberg aus. Der Grund: Falsche oder mangelhafte Beratung. Dabei ist der Kern des Problems recht einfach: „Noch immer gehen die meisten Anleger zu einem Provisionsberater, da sie die Kosten scheuen, die die Honorarberatung zunächst mit sich bringt“, sagt die unabhängige Honorarberaterin und zertifizierte Finanzplanerin Ilka Faupel aus München. Doch das sei ein Fehler. „Denn dadurch entstehen Verluste, die ganze Vermögen oder die komplette Altersvorsorge vernichten können.“ Das verdeutlichen einige Praxisbeispiele aus dem Beratungsalltag von Ilka Faupel:
Fall 1 - Altersvorsorge:
Ein 49-jähriger Mandant war überzeugt, mit seinen bisherigen Maßnahmen aus gesetzlicher Rente, Rürup-Rente und betrieblicher Rentenversicherung ausreichend vorgesorgt zu haben. Er hatte dabei aber weder den Kaufkraftverlust durch die Inflation noch die höchst unrentable Entwicklung seiner Versicherungen bedacht. Die Erarbeitung eines Finanz-Status-quo förderte jedoch eine Versorgungslücke während des gesamten Ruhestandes bis zum 85. Lebensjahr von insgesamt mehr als 800.000 Euro zutage. Auf dieser Basis konnte er gezielte Veränderungen einleiten und diese Lücke schließen.
Fall 2 - Kapitalanlage in Eigenregie:
Ein Mandant wollte eine möglichst kostengünstige Anlage und hatte sich ein Portfolio aus passiv gemanagten Exchange-Traded Funds (ETF) im Wert von 50.000 Euro selbst zusammengestellt. Innerhalb von drei Jahren erlitt er damit jedoch einen Verlust von 16.000 Euro. Er hatte das Risiko falsch eingeschätzt. Das Geld fehlte nun bei der geplanten Immobilienfinanzierung.
Fall 3 - Versicherung:
Die vor einigen Jahren auf Provisionsbasis abgeschlossene Berufsunfähigkeitsversicherung eines Angestellten hat eine viel zu geringe Absicherungshöhe, eine Risikodauer, die nur bis zum Alter von 60 Jahren läuft, und zudem sehr schlechte Bedingungen. „Dies kann im Leistungsfall dazu führen, dass die Versicherung gar nichts auszahlt“, so Faupel. Er hat somit die bisherigen Beiträge in Höhe von 20.160 Euro völlig umsonst gezahlt. Sind zwischenzeitlich Erkrankungen aufgetreten, ist nicht einmal mehr eine Nachbesserung oder ein Wechsel möglich.
Fall 4 - Immobilienfinanzierung:
Nach eigenen Recherchen und der Beratung durch die Hausbank wollte ein Mandanten-Ehepaar das Angebot der Bank für ein Hypothekendarlehen annehmen. Das Darlehen wäre mit zehn Jahren Zinsfestschreibung und einem Prozent Tilgung voraussichtlich bis weit ins Rentenalter gelaufen. Doch vor allem wäre es dann aus den Renteneinnahmen nicht mehr zu stemmen gewesen. Mit einem Finanzierungskonzept und einem provisionsfreien Darlehen konnte der Gesamtaufwand aber um über 61.000 Euro verringert werden. Dazu hat das Ehepaar nun die Sicherheit, das Darlehen über den kompletten Finanzierungszeitraum bedienen zu können und die Aussicht, fünf Jahre früher schuldenfrei zu sein.
Fall 5 - Immobilienverkauf:
Eine Mandantin quälte sich mit der Entscheidung, ihre vermietete Immobilie zu verkaufen, um sich eine eigengenutzte Immobilie anzuschaffen. Erst die Kalkulation verschiedener Szenarien machte deutlich, dass dieser Tausch in ihrer Situation erst zu einem wesentlich späteren Zeitpunkt Sinn machte. Dadurch konnte sie eine Versorgungslücke im Ruhestand von circa 500.000 Euro vermeiden.
Fall 6 - Immobilienkauf:
Ein Mandant hatte ein erstklassiges Kaufangebot für eine Eigentumswohnung vorliegen. Diese würde sich, so das Angebot, ohne Eigenkapital und ohne monatliche Belastungen von selbst tragen. Detaillierte Szenario-Berechnungen alternativer Möglichkeiten, die besser auf seine Situation abgestimmt waren, zeigten aber: Der ideale Erwerbszeitpunkt würde für ihn erst in vier Jahren kommen. Mit der zusätzlichen Berücksichtigung steuerlicher Optionen würde er etwa 82.000 Euro höhere Erträge erwirtschaften und über 19.000 Euro Provision sparen.
Bei einer professionellen Finanzberatung, die langfristig ausgerichtet ist, müssen zuallererst die Weichen richtig gestellt werden. Denn vor einer konkreten Produktauswahl gilt es sich Zeit zu nehmen, um für den Kunden eine Ist-Analyse zu erstellen. Dabei werden zunächst sämtliche Vermögenswerte, die verfügbare Liquidität sowie die Risikovorsorge auf den Prüfstand gestellt. Ein solch professionell erstellter Finanz-Status-Quo zeigt anhand von Fakten, ob und gegebenenfalls wo Handlungsbedarf besteht. Erst auf dieser Basis können fundierte Entscheidungen getroffen werden.
Die Finanzplaner unter den Honorarberatern arbeiten zudem mit Szenario-Kalkulationen. Mit Hilfe einer präzisen Finanzplanungssoftware simulieren sie die Ergebnisse verschiedener Alternativen. So werden Anleger überhaupt erst in die Lage versetzt, die für sie individuell passenden Maßnahmen auszuwählen.
Das alles aber ist bei einer provisionsgetriebenen Beratung gar nicht möglich. Bei der Honorarberatung dagegen schon. Schließlich verdienen Honorarberater ihr Geld nicht mit den Provisionen der verkauften Produkte, sondern sie leben von dem Honorar, das sie für ihre Dienstleistung bekommen. Honorarberater arbeiten deshalb ausschließlich im Sinne und im Auftrag ihrer Mandanten.
Eine solch umfassende Analyse ist jedoch nicht immer ein Schnäppchen. Je nach Umfang der Vermögensstruktur kann dies einem Mandanten bis zu einigen Tausend Euro kosten. Doch wie die genannten Beispiele zeigen, zahlt sich der Aufwand für die Erstellung eines detaillierten und umfassenden Finanzplans, der regelmäßig aktualisiert und an die Veränderungen im Markt, im persönlichen Umfeld oder bei den gesetzlichen Regelungen angepasst wird, aus.
Zur Autorin: Ilka Faupel ist Finanzfachwirtin (IHK) und Financial Plannerin (FH) mit Zertifizierung zum Certified Financial Planner sowie zum DIN-geprüften Privaten Finanzplaner und European Financial Advisor. Sie coacht als unabhängige Finanzberaterin Privatpersonen und Unternehmer in finanziellen Belangen, erstellt Finanzpläne und betreibt für ihre Mandanten Marktrecherchen. Dabei arbeitet sie auf Honorarbasis.