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Helikoptergeld, ein letztes Instrument?

Helikoptergeld galt lange mehr als ein theoretisches Gedankenspiel von Geldpolitikern. Bisher scheuten die Notenbanken diesen letzten Schritt im Instrumentenkasten ultralockerer Geldpolitik. Das könnte sich jetzt ändern. Japan dürfte das erste Land sein, das dieses Konzept in die Tat umsetzt.


Helikoptergeld

Ein bisschen erinnert das Helikoptergeld an das Märchen von den Sterntalern. Normalerweise greifen Notenbanken mit ihrer Geldpolitik nur indirekt in den Wirtschaftskreislauf ein. Über die Leitzinsen und die Steuerung der Geldmenge wirken sie über das Bankensystem auf die Wirtschaft ein. Indem die Zinsen niedrig gehalten und Banken großzügig mit Geld versorgt werden, sollen die Institute günstige Kredite vergeben, was wiederum Konsum und Investitionen anregen soll.

Bisherige Geldpolitik wirkt nicht 

Doch dieses Rezept funktioniert offenbar nicht. Die EZB hat inzwischen die Instrumente "konventioneller" lockerer Geldpolitik weitgehend ausgereizt. Die Leitzinsen sind bei Null, EZB-Einlagenzinsen sogar negativ, die Euro-Notenbank kauft Monat für Monat Milliardenbeträge an Staats- und mittlerweile auch Unternehmensanleihen auf und pumpt damit Geld in die Märkte. Obwohl sie damit bereits an den Grenzen des rechtlich Zulässigen operiert, ist der gewünschte Konjunktureffekt bisher nicht eingetreten. 

Ähnliche Erfahrungen musste man in Japan machen. Hier versucht die Notenbank schon wesentlich länger, die Wirtschaft mit billigem Geld anzukurbeln - ebenfalls mit mäßigem Erfolg. Daher könnte man jetzt den Einstieg ins Helikoptergeld wagen. Den Anlass dazu bietet der jüngste Sieg von Premier Abe bei den Oberhauswahlen. Er verleiht dem Ministerpräsidenten Rückenwind, bei seiner "Abenomics" aufs Ganze zu gehen. 

Wie im Sterntaler-Märchen? 

Im Prinzip funktioniert das Helikoptergeld so: anstatt den Umweg über das Bankensystem zu nehmen, wo das Geld vielfach "hängenbleibt", leitet es die Notenbank direkt in die Wirtschaft. Das kann theoretisch durch Direktüberweisungen an Bürger oder Unternehmen - eben ein modernes Sterntaler-Märchen - erfolgen, realistischer ist eine unmittelbare Staatsfinanzierung. Das dürfte auch in Japan der Fall sein. Schon jetzt ist die japanische Notenbank Haupt-Gläubiger des Staates und hält 40 Prozent der Staatsanleihen, bis Ende 2015 könnten es schon 50 Prozent sein. 

Der Einstieg in die direkte Staatsfinanzierung könnte dabei erst einmal behutsam funktionieren, indem Zinszahlungen ausgesetzt und Tilgungen aufgeschoben werden. Damit würde man rechtlich den Schuldenerlass vermeiden, wirtschaftlich käme das einer de facto-Schuldenstreichung gleich. Der Staat würde dadurch zusätzliche Spielräume für Investitionen gewinnen, die positive Wachstumsimpulse auslösen könnten. 

In Europa wird man das weitere Vorgehen in Japan auf jeden Fall mit Aufmerksamkeit beobachten. Der EZB ist zwar eine unmittelbare Staatsfinanzierung untersagt. Die Erfahrung zeigt aber, dass sich Mittel und Wege finden lassen, wenn der geldpolitische Wille erst einmal da ist.


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