Die Verunsicherung der Anleger über schwankende Preise für Gold und Silber sowie der nur schwer vorhersagbare Einfluss von makroökonomischen und politischen Faktoren klingen auch in den Einschätzungen der Experten an. In mindestens einem Punkt sind sich die Spezialisten jedoch einig: Eine sichere Prognose für Edelmetalle, als auch die Börsen, gibt es zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht.
Gold und Silber - Balance zwischen Spekulation und Strategie?
Thorsten Proettel, Rohstoffexperte bei der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) meint, dass die aktuellen Preise bei Gold und Silber maßgeblich durch die Krise auf der Krim beeinflusst wurden: Eine Reihe relevanter Marktteilnehmer habe in den vergangenen Wochen die daraus resultierenden Turbulenzen der Aktien- und Währungsmärkte durch Gold- und Silber-Käufe in größerem Maßstab kompensiert. Inzwischen verschiebe sich der Fokus der Akteure jedoch wieder - vor allem auf die künftige Geldpolitik der USA, die für Gold eher einen Preisanstieg erwarten lässt. Bis zum Jahresende rechnet Proettel damit, dass der Goldpreis die Marke von 1.200 US-Dollar pro Feinunze erreicht - allerdings ohne spürbare Konsequenzen für Euro-Investoren, da er parallel dazu eine Aufwertung des US-Dollars erwartet. Der LBBW-Experte betont die enge Bindung des Silberpreises an den Goldpreis, sieht für Silber aufgrund der guten Konjunktur jedoch auch in Europa gute Chancen, aber eher im Rahmen kurzfristiger Spekulationen. Für Privatanleger erfülle das gelbe Metall dagegen vor allem strategische respektive Sicherheitsfunktionen. Für Gold im privaten Depot definiert Proettel verschiedene Szenarien: Bei einem Anleihen-Fokus empfiehlt er fünf Prozent, bei volatileren Anlagevermögen auf Aktienbasis auch den doppelten Wert. Insgesamt sollte der Edelmetall-Anteil ein Fünftel eines hinreichend diversifizierten Gesamtportfolios jedoch nicht überschreiten.
Gold als wichtiger Depot-Bestandteil?
Der Rohstoffexperte der Commerzbank, Carsten Fritsch, sieht die Ursachen für den Preisrückgang 2013 bei Gold und Silber vor allem bei Spekulanten, die zuvor die Preise hochgetrieben hatten. Bis zum Jahreswechsel dürften sich sowohl der Preis für Gold als auch für Silber positiv entwickeln. Für Gold könnte er dann bei 1.400 US-Dollar pro Feinunze liegen. Sowohl die robuste physische Nachfrage aus Asien als auch die anziehende Investmentnachfrage begünstigen Gold, der Silberpreis wird dagegen durch die wachsende Nachfrage aus der Industrie getrieben. Gold betrachtet Fritsch zumindest für Privatanleger vor allem als Versicherung - in guten Zeiten profitieren sie von steigenden Aktienmärkten, in schlechten vom Preisanstieg für Gold. Silber eigne sich aufgrund seiner höheren Volatilität allenfalls zur Depotbeimischung in steigenden Märkten. Für welchen Edelmetallanteil sich Privatanleger in ihren Depots entscheiden, hänge von ihren persönlichen Präferenzen ab. Einen Richtwert gibt der Experte trotzdem - optimal seien aus Diversifikationsgründen etwa zehn Prozent.
Aufwertung von Gold und Silber durch die aktuell noch latente Krise?
Nach den Turbulenzen der letzten Monate bei den Preisen für Gold und Silber macht der Chefökonom der Degussa, Thorsten Polleit, bei den Investoren Unsicherheiten aus. Dabei geht es um die konjunkturellen Perspektiven, die Entwicklung der Zins- und Börsenverläufe aber auch um politische Krisen, insbesondere die Lage auf der Krim. Den entscheidenden Grund für den insgesamten Preisrückgang der beiden Edelmetalle vermutet er in der Erwartung von Zinssteigerungen sowie deflationären Tendenzen. Zudem sei die Finanz- und Wirtschaftskrise bisher nicht überwunden, ein konjunktureller Abschwung könnte schon in der zweiten Jahreshälfte 2014 folgen. Polleit rechnet durchaus damit, dass die "internationale Papiergeld- und Schuldenpyramide" in absehbarer Zeit zusammenfällt - die Preise für Gold und Silber könnten bis zum Jahreswechsel 2015 daher deutlich steigen. Trotz der derzeit hohen Preisvolatilität betrachtet er Gold als das "ultimative Zahlungsmittel", dessen Preis in keiner Korrelation zu anderen Marktschwankungen, beispielsweise Aktienkursveränderungen, steht. In den vergangenen Dekaden sei der Goldpreis trotz aller Schwankungen pro Jahr im Schnitt um etwa zehn Prozent gestiegen. Silber bewertet Polleit zwar eher als Industriemetall. Durch die enge Kopplung seines Preises an den Goldpreis könnten Investoren, die einen Preisanstieg für Gold erwarten, jedoch auch den Kauf von Silber in Erwägung ziehen. Ein individuell passender Anteil von Gold sollte auch in privaten Depots nicht fehlen. Thorsten Polleits Credo: Gold bleibt, während Papiergelder kommen und auch gehen.
Unser Fazit aus der Analyse der Experten: Trotz aller Unwägbarkeiten stehen die Chancen für Edelmetalle gut. Privatanleger sind vor allem mit Investitionen in Gold mittelfristig gut beraten. Zu beachten: Jede nachhaltige Investition sollte ihre Basis in der persönlichen Lebenssituation und -Planung haben. Eine ganzheitliche und unabhängige Beratung, zum Beispiel bei einem zertifizierten Finanzplaner (Certified Financial Planner, CFP), schafft die Voraussetzungen für eine optimale Investitionsentscheidung.