In der Gemeinschaftsdiagnose der fünf führenden Wirtschaftsinstitute im April war noch von 1,5 Prozent plus für 2017 und 1,8 Prozent für 2018 ausgegangen worden. Das renommierte britische Wirtschaftsforschungsinstitut Oxford Economics sieht die Lage sogar optimistischer. Die Briten erwarten für Deutschland in diesem Jahr 2,3 Prozent Wachstum und im nächsten Jahr 2,0 Prozent. Sollten diese Prognosen zutreffen, wären es die höchsten Wachstumsraten der letzten fünf Jahre.
Exportweltmeister kaum gebremst
Derzeit scheint die deutsche Konjunktur robust. Auch die dunklen Wolken, die mit dem Amtsantritt Donald Trumps am Exporthimmel auftauchten, haben sich verzogen. Die Ankündigungen eines neuen Protektionismus und die scharfen Verurteilungen des deutschen Handelsbilanzüberschusses sind bislang weitgehend ohne Folgen geblieben. Und der Eindruck, dass der US-Präsident zwar häufig laut poltert, aber noch wenig wirkungsvoll agiert, verfestigt sich. Der immer noch relativ schwache Euro hat zudem die deutschen Exportchancen weiter befördert.
Auch sonst sind die Rahmenbedingungen besser geworden. In der Euro-Zone mehren sich die Zeichen für einen Aufschwung. Und nach dem Wahlsieg Emanuel Macrons in unserem Nachbarland scheint die neue deutsch-französische Achse der EU wieder Stabilität zu verleihen. Die Gefahr eines Auseinanderdriftens und Zerfalls ist zunächst wohl erst einmal gebannt. Und beim Brexit ist die Verhandlungsposition Europas eher stärker geworden.
Weiter auf Wachstumskurs - Rezessionsgefahr gering
Last but not least stimmen auch die deutschen Wirtschaftsdaten. Die Steuerquellen sprudeln üppig und bescheren kräftige Haushaltsüberschüsse. Die Löhne sind zwar zuletzt deutlicher gestiegen, erstmals seit Längerem gab es auch spürbare Reallohn-Zuwächse.
Dennoch halten zumindest die britischen Forscher den Anstieg angesichts der guten Beschäftigungslage für sehr maßvoll. Hohe Beschäftigung und ordentliche Löhne haben auch positive Effekte auf den Konsum und die Wirtschaftsleistung. Selbst die Investitionen - lange ein Sorgenkind - scheinen anzuspringen. Oxford Economics rechnen dieses und nächstes Jahr mit einem überdurchschnittlichem Wachstum von 4,1 Prozent.
Angesichts des positiven Bildes und der Wachstumsbeschleunigung warnt das Institut für Weltwirtschaft in Kiel bereits vor einer Überhitzung der deutschen Konjunktur. Es bestehe die Gefahr zunehmender Kapazitätsüberauslastungen, die anschließend in eine starke Korrekturphase mit einer Rezession als Begleiterscheinung münden könnte. Bisher ist das eine Einzelmeinung. Die meisten Experten halten das kurzfristige Risiko einer Rezession für sehr gering. Die auch global guten Wirtschaftsaussichten sprächen dagegen.