Um das zu realisieren, steigern die Ingenieure den Wirkungsgrad der neuen Turbinen ums Doppelte, auf ein Megawatt. Am auffälligsten ist in dieser Hinsicht die Vergrößerung der Rotoren. Sie wachsen im Durchmesser von 16 auf 20 Meter und erhalten ein weiteres Rotorblatt. Diese Maßnahme führt dazu, dass die Unterwasser-Stromkraftwerke der Windkraft immer ähnlicher werden.
Gleiche Entwicklung wie bei der Windkraft
Doch hier hören die Gemeinsamkeiten noch längst nicht auf: Wolfgang Maier ist Leiter der Geschäftsentwicklung des schwäbischen Unternehmens Voith Hydro Ocean Current Technologies. Er erklärt, dass die Entwicklung der Strömungskraftwerke – genau wie bei der Offshore-Windenergie – zu Anlagen führt, die immer leistungsstärker werden. Auch hier ist der Vorteil schnell deutlich, denn der Strom kann gebündelt ans Festland geleitet werden.
Voith liefert in der Regel die Turbinen für Großprojekte. Da macht die derzeit in der Planung befindliche Anlage vor der Küste Südkoreas keine Ausnahme. Ab 2016 entsteht dort das weltweit größte Gezeitenströmungskraftwerk mit dem Namen Seaturtle Tidal Park. Einmal zu Ende gebaut, wird es über Hundert Turbinen verfügen. Sie sollen eine Gesamtleistung von 150 Megawatt haben. Wegen der Größe des Projekts stellt es eine Herausforderung für die beteiligten Techniker und Ingenieure dar.
Großprojekte nur mit Vorab-Simulation
Derart große Vorhaben dürfen nicht schiefgehen. Der Zufall darf keine Rolle mehr spielen. Deshalb hat der Hersteller bereits ein 1:3-Modell gebaut, an dem die neuartige 110-Kilowatt-Gezeitenströmungsturbine getestet wird. Stefan Riedelbauch ist Professor an der Universität Stuttgart. Er lehrt am Institut für hydraulische Strömungsmaschinen und Strömungsmechanik. Sein Wissenschaftler-Team half mit, den neuen Turbinentyp zu optimieren. Besonderes Augenmerk bei diesem Konzept musste darauf gelegt werden, dass die Turbinen den äußerst rauen Betriebsbedingungen im Meer standhalten: Salz, sowie Algen- und Pockenbewuchs muss die Konstruktion wegstecken können.
Auch der Hersteller betont, dass die inzwischen wieder demontierte Testturbine die Erwartungen vollständig erfüllt habe. Wenige bewegliche Bauteile, die besonders seewasserfest konzipiert wurden, sind der Schlüssel zum Erfolg. Das führt so weit, dass die Anlage ohne Bewegungsmöglichkeit mit dem Meeresgrund verbunden ist. Dennoch kann sie das fließende Wasser bei Flut und auch bei Ebbe in Energie umwandeln, weil die Rotorblätter beidseitig anströmbar sind. Die verbleibenden Lager müssen nicht mit Öl oder Fett in Gang gehalten werden, weil das Salzwasser sie schmiert. Sogar die Kühlung wird vom Seewasser übernommen, das selbst den Spalt zum Generator und damit die gesamte Turbine durchströmt. (LB/BHB)
Lesen Sie im dritten Teil etwas über die Zukunft der Meerwasserkraftwerke