Das Modell Versicherungsmantel wurde in Liechtenstein erfunden
Finanzberater wollen ihren Kunden durch innovative Anlageprodukte Privilegien sichern, daher entwickeln sie oft herausragenden Erfindungsgeist. Eines der Zentren der Innovation in der Finanzberatung ist das Fürstentum Liechtenstein, dort wurde bereits Ende der neunziger Jahre das Modell Versicherungsmantel ins Leben gerufen. Durch die Razzia bei der Commerzbank wurde dieser Begriff wieder in das öffentliche Licht gestellt. Der Trick lässt sich einfach erklären: Versicherungskonzerne übernahmen komplette Portfolios von Vermögensverwaltungen und umkleideten diese mit steuerlich begünstigten Versicherungsverträgen, daher der Begriff Versicherungsmantel. Dabei dürfte es sich oft um Vermögen gehandelt haben, das zuvor an dem Finanzamt vorbei nach Liechtenstein transferiert worden sind.
Eine Lebensversicherung nimmt in Deutschland eine besondere Bedeutung bei der Altersvorsorge ein und wird daher politisch gestützt. Daher funktionierte das Modell Versicherungsmantel hier ausgesprochen gut. Deutsche Privatanleger freuten sich über die Verbindung von individuellen Kapitalanlagen und steuerlichen Vorteilen nahezu zehn Jahre lang. Dann schritt der Gesetzgeber ein und schaffte mit der Lex Liechtenstein das Steuerprivileg für vermögensverwaltende Verträge ab. Das Finanzministerium stellte in einer Erklärung zum Modell Versicherungsmantel fest, das Kapitalanlagen nicht individuell auf Kunden zugeschnitten sein dürfen.
Die Commerzbank selbst ist nicht verdächtig
Der Verdacht der Staatsanwälte richtet sich vielmehr gegen den italienischen Versicherungskonzern Generali. Der Versicherer soll auch deutschen Anlegern Lebensversicherungen verkauft haben, die äußerlich steuerprivilegiert wirkten, jedoch in Wirklichkeit eher dem Modell Versicherungsmantel entsprachen. Die Commerzbank soll die Depots verwaltet haben, in denen diese Lebensversicherungen geführt wurden. Laut Angaben der Staatsanwaltschaft sollen von der Commerzbank über 200 dieser Depots verwaltet worden sein, die Mindestanlagevolumen betrugen nach Beteiligtenangaben 500.000 Euro.
Den Mitarbeitern von Generali wird Beihilfe zur Einkommenssteuerhinterziehung in mehr als 200 Fällen vorgeworfen. Die weiteren Ermittlungen müssen zeigen, in welchem Maß die Commerzbank von den Vorgängen Kenntnis hatte. Momentan hat die Commerzbank bei den Behörden noch Zeugenstatus. Generali Deutschland stand für eine Stellungnahme zu den Vorwürfen am Dienstag nicht zur Verfügung. Die Commerzbank wird sich nun verstärkt gegen den Imageschaden zur Wehr setzen müssen, der von der Razzia und den Anschuldigungen gegen Geschäftspartner ausgelöst wurde.