Eine Menge Ideen, die zu Start-ups führen, werden in abendlichen Stunden am Bier erdacht. Das Unternehmen Flightright hatte seine gedanklichen Wurzeln allerdings weder in einem hippen Cáfe in Berlin Mitte, noch in einer gemütlichen Bar. Philipp Kadelbach ist Anwalt. Ihm, der heute als Rechtsexperte des Unternehmens auftritt, ist der zündende Gedanke gekommen, als er sich in einer stressigen Situation inmitten der Gerichte und Flughäfen befand.
Es begann damit, dass Kadelbach im Mai des Jahres 2009 einen Flug in die Niederlande gebucht hatte und dafür auf eine Billig-Airline setzte, die ihn zu einem Gerichtsverfahren bringen sollte. Als er am Flughafen Berlin-Tegel pünktlich zum Abflug eintrifft, erfährt er – erst nach einiger Nachfrage -, dass sein Flug annulliert wurde. Glücklicherweise konnte er wenig später mit einem anderen Flugzeug fliegen, so dass er seinen Termin doch noch pünktlich wahrnehmen konnte.
Wirklich dramatisch wurde es aber erst, als es um den Rückflug ging, denn Kadelbach musste auch hier pünktlich erscheinen – zu seiner eigenen Trauung: Um 17 Uhr. Der Start war für 14 Uhr geplant. Die Menschentraube um den dazugehörigen Schalter ließ aber anderes vermuten und so kam dann auch die Ansage: Kein Start vor 19 Uhr oder 19:30 Uhr – doch versprechen könne man nichts. Das folgende Prozedere erinnert stark an den Hinflug: Kadelbach bucht kurzerhand einen Flug bei der KLM und kommt nur 15 Minuten zu spät.
Dank dieses Erlebnisses beschäftigte er sich mit der EU-Fluggastvorschrift, in der solcherlei Entschädigungen geregelt sind. Ihn als Juristen verwunderte die Tatsache der äußerst standardisierten Verfahren, die laut EU-Rechtssprechung die vorgesehenen Entschädigungszahlungen gewähren. Die sind noch dazu völlig unabhängig von dem Schaden, der persönlich für den Fluggast entstanden ist. Aus dem deutschen Recht war Kadelbach diese Pauschalisierung eben nicht bekannt.
Und prompt bestätigte sich sein Verdacht: Als Privatperson ist es kaum möglich, die Ansprüche durchzusetzen. Nach sechs bis acht Wochen wollte sich die Fluggesellschaft bei Kadelbach gemeldet haben, doch das stellte sich als ein leeres Versprechen heraus. Sein Erlebnis wiederholt sich ständig, denn es liegt den Fluggesellschaften fern, dass deren Kunden schnell zu ihrem Recht kommen. In vielen Fällen verlangen die Gesellschaften – obwohl sie genau wissen, welche Personen mit ihnen geflogen sind – die Original-Bordkarte. Häufig wird von ihnen eine Entschädigung abgelehnt, weil sie dazu angeblich nicht verpflichtet seien. Deshalb nehmen nur wenige Fluggäste den Aufwand einer Klage in Kauf.
Und so ist er auf den Gedanken gekommen, dass man Fluggästen beistehen sollte, zu ihrem Recht zu kommen – und das per Mausklick. Die EU-Rechtssprechung hat genau festgelegt, wie viel Geld in welchem Fall gezahlt wird. In Zusammenarbeit mit einem Freund hat er die erste Website auf die Beine gestellt. Das Projekt lief bereits im Februar 2010 an. Nur wenig später bescherte die Aschewolke des isländischen Vulkans zahlreiche Flugausfälle. Dadurch wurde die Seite gleich zu Anfang stark frequentiert. Bei „außergewöhnlichen Ereignissen“ – so heißt es im Gesetz, seien die Fluggesellschaften von einer Ersatzzahlung befreit. Und ein Vulkanausbruch, genauso wie Streiks, gehören wohl eindeutig dazu.
Das heutige Konzept der Seite funktioniert so, dass die Kunden Datum, Fluggesellschaft und Flugnummer in eine Maske eintippen und unverzüglich über die angemessene Entschädigungssumme informiert werden. Möchte der Seitenbesucher selbst nicht aktiv werden, doch trotzdem zu seinem Recht kommen, kann er Flightright eine Vollmacht ausstellen. Das Unternehmen geht dann gegen die Fluggesellschaft vor, mit dem Ziel, die Ansprüche durchzusetzen. Darüber hinaus verpflichtet er sich dazu, im Erfolgsfall dem Unternehmen 25 Prozent der Entschädigungssumme samt Mehrwertsteuer zu überlassen. Der Vorteil besteht darin, dass sich der Kunde um nichts mehr zu kümmern braucht. In einem Fall, wo sich die Fluggesellschaft nicht darauf einlässt, klagt der Kunde selbst und alle Kosten der Klage übernimmt Flightright – sogar dann, wenn die Klage abgewiesen wird. Der Kunde wird damit in die Lage versetzt, eine Entschädigungsforderung durchzusetzen, ohne dabei ein rechtliches Risiko zu tragen. (LB/BHB)