Der Berufsunfähigkeit folgt oft ein langer Streit mit dem Versicherer.
Ungefähr 20 Prozent der Arbeitnehmer sind durch physische oder psychische Gründe gezwungen, vorzeitig aus dem Berufsleben auszuscheiden. In dieser Situation vertrauen viele auf ihre oftmals problematische Absicherung gegen die Berufsunfähigkeit. Sie erwarten aufgrund ihrer Versicherung, dass der Anbieter die durch Einkommensverlust entstandene Lücke schließt und rechnen mit den vertraglich festgelegten Zahlungen. Doch für viele BU-Versicherungsnehmer beginnt im Schadensfall ein langer ungleicher Kampf mit ihrem Versicherer. Das unabhängige Analysehaus Franke und Bornberg hat festgestellt, das die Leistungen bei eingetretenem Schadensfall oft verschleppt würden und immer mehr in einem Vergleich münden.
Das Justizministerium in Berlin bemüht sich um Aufklärung der Vorwürfe und bat sowohl die Versicherer als auch klagende Verbraucherverbände um Stellungnahme. Der Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) wies die Beschwerden zurück, da er keinerlei Anzeichen für strategische Verzögerungen sehe. Doch bestätigte die Justiz Baden Württembergs die Behauptung der Verbraucherschützer und stellte fest, dass die Versicherer gerade bei höheren Streitwerten und oft bei eingetretener Berufsunfähigkeit kompromisslos kämpfen. Nahezu 2000 Anwälte bestätigen in einer Umfrage ebenso die Verzögerungspolitik der Versicherer, der Deutsche Anwaltsverein spricht sogar von "aggressivem Schadenmanagement".
Der Papierkrieg mit dem Versicherer endet oft in einem Vergleichsangebot.
Die eingetretene Berufsunfähigkeit wird durch den Streit mit dem eigenen Versicherer weiter dramatisiert, oft sind die Unterlagen den Anbietern nicht ausreichend. Das medizinische Gutachten des behandelnden Arztes muss durch einen vom Versicherer bestimmten Facharzt bestätigt werden. Selbst wenn dies alles erledigt ist, hört der Papierkrieg mit dem Anbieter oft nicht auf. Der von seiner Berufsunfähigkeit belastete Versicherungsnehmer ist ohne Spezialist mit den Anforderungen der Versicherer oft überfordert, die Flut an Formularen lässt viele resignieren. Viele Versicherungsnehmer machen nach eingetretener Berufsunfähigkeit die bittere Erfahrung, dass zwischen Recht haben und Recht bekommen oft Welten liegen.
Der GDV befragte seine Mitglieder zu deren Schadenregulierungspraxis und wartet mit Zahlen auf. Bei der Berufsunfähigkeit würden circa dreißig Prozent der Schadensfälle nicht anerkannt. Am Ende einer nervenaufreibenden Auseinandersetzung mit dem Versicherer steht zunehmend ein Vergleichsangebot. Die Anbieter wollen vermehrt mit einer einmaligen Zahlung den Versicherungsvertrag beenden.