Was passiert mit den Medikamenten-Preisen?

Das EuGH-Urteil, das die Preisbindung für Medikamente in Deutschland möglicherweise kippt, sorgt nicht nur bei Apothekern für Aufregung. Verbraucher fragen sich ebenfalls, welche Konsequenzen das Urteil für sie haben könnte.


Medikamenten-Preise

Ausgelöst wurde der Streit, weil die Deutsche Parkinson Gesellschaft mit der niederländischen DocMorris Versandapotheke für ihre Mitglieder Rabatte für Parkinson-Medikamente ausgehandelt hatte. Die Wettbewerbszentrale sah darin einen Verstoß gegen die in Deutschland geltende Preisbindung für rezeptpflichtige Medikamente, klagte und bekam schließlich vor dem BGH Recht. Nach Ansicht des BGH gilt die Preisbindung auch für ausländische Versandapotheken, wenn sie Medikamente nach Deutschland liefern. Der Europäische Gerichtshof kam jedoch zu dem Schluss, dass die deutsche Apothekenpreisbindung den freien Warenverkehr innerhalb der Europäischen Union behindere und damit gegen das Europäische Recht verstößt.

Umsatzeinbußen für deutsche Apotheken

Die Preisbindung für rezeptpflichtige Medikamente wurde ursprünglich vom deutschen Gesetzgeber eingeführt, um das Gesundheitssystem zu stabilisieren und jedem Patienten eine adäquate Versorgung mit Medikamenten zu gewährleisten. Für die Apotheker erwies sich die Preisbindung jahrzehntelang als sehr vorteilhaft, denn für sie zählt die Abgabe von rezeptpflichtigen Medikamenten zum "Brot- und Buttergeschäft", mit dem mehr als 80 % des Umsatzes realisiert werden. Ihnen würde die deutsche Apothekenpreisbindung nun auf die Füße fallen, weil die Kunden ihre Medikamente bei der ausländischen Konkurrenz günstiger beziehen können. 

Apotheker fordern Verbot des Versandhandels

Die Reaktion der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) auf das EuGH-Urteil vom 19.10.2016 ließ nicht lange auf sich warten. Die Vertreter der Apothekerschaft forderten prompt ein Verbot des Versandhandels mit Medikamenten. Unterstützung bekommen sie unter anderem von bayerischen Politikern, die bereits laut über eine Bundesinitiative nachdenken. Das Europäische Recht ließe ein solches Verbot theoretisch zu, doch es ist abzusehen, dass die ausländischen Versandapotheken wiederum klagen und sich durchsetzen werden.  

Wird die flächendeckende Versorgung gefährdet? 

Schon werden Befürchtungen laut, dass Apotheken in strukturschwachen Regionen dem wachsenden Wettbewerb in Zukunft nicht mehr gewachsen sein könnten. Um solchen Befürchtungen etwas entgegen zu setzen, schlägt der stellvertretende SPD-Fraktionschef Karl Lauterbach vor, dass die Apotheker vor Ort durch ein zusätzliches Honorar für Beratungsleistungen gestärkt werden könnten. Andere argumentieren, es sei besser, die Preisbindung zu beenden. Dann würden die Apotheken in ungünstigen Lagen wieder attraktiver werden und die Versorgung wäre dort besser gesichert als momentan. Allerdings müssten die Bewohner in solchen Regionen dann für ihre Medikamente tiefer in die Tasche greifen oder den Versandhandel nutzen, um von niedrigeren Preisen als bisher zu profitieren. Es ist also abzusehen, dass die Verbraucher von dem Urteil eher profitieren werden.


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