Schulden bedeuten auch Forderungen
Seit der Finanzkrise soll die weltweite Verschuldung um 57 Billionen Dollar gestiegen sein und mit 199 Billionen Dollar ein nie gekanntes Niveau erreicht haben. Die schiere Größenordnung dieser Zahlen sprengt die Vorstellungskraft. Unterstellt man die Richtigkeit dieser Angaben, gibt es in der Tat eine gigantische Verschuldung. Dennoch ist die Betrachtung einseitig, denn wo Schulden sind, gibt es notwendigerweise auch Forderungen.
Dem Schuldenanstieg steht daher immer auch eine entsprechende Zunahme von Gläubiger-Ansprüchen gegenüber. Außerdem vernachlässigt diese Sichtweise das Sachvermögen der Volkswirtschaften und die stattfindende Wertschöpfung. Erst wenn man alles zusammen in den Blick nimmt, sind fundierte Aussagen möglich.
Deutschland in der Gläubiger-Position
Deutschland ist dabei insgesamt in der Position eines Gläubigers. Das deutsche Volksvermögen wies Ende 2013 einen Wert von 12,6 Billionen Euro auf mit Nettoforderungen gegenüber dem Ausland in Höhe von 867 Milliarden Euro - beides Rekordwerte. Das Reinvermögen der privaten Haushalte machte in dieser Rechnung 9,7 Billionen Euro aus, das Gebrauchsvermögen - rund eine Billion Euro - nicht mitgerechnet. Selbst der deutsche Staat wies unter dem Strich ein Vermögen unter Abzug von Schulden von rund 250 Milliarden Euro auf.
Verschuldung ein Verteilungsproblem
Die These von der zunehmenden globalen Verschuldung erscheint vor diesem Hintergrund zumindest fragwürdig. Nichtsdestotrotz können Schulden durchaus ein Problem darstellen, denn mit immer mehr Krediten sind beträchtliche Verteilungseffekte verbunden. Schuldner werden dabei tendenziell ärmer, Gläubiger reicher. Und auch generationsübergreifend betrachtet ist Verschuldung problematisch, denn sie belastet zukünftige Generationen mit Zins- und Tilgungsverpflichtungen.
Risiken durch Schuldenpolitik
Die Gefahren der Verschuldung für Anleger und das Finanzsystem entsteht dabei weniger aus der Höhe der Schulden an sich als durch eine unverantwortliche Verschuldungspolitik einzelner Akteure. Wie bei jedem privaten Haushalt gilt auch für Staaten und ganze Volkswirtschaften, dass die Schuldenaufnahme auf Dauer nur dann tragfähig ist, wenn die daraus entstehenden Zahlungsverpflichtungen durch Einnahmen bzw. die Wertschöpfung gedeckt werden können.
Ist das nicht der Fall, droht eine Schuldenspirale, die dann in der Tat irgendwann in den Staatsbankrott oder den finanziellen Kollaps führt - siehe Griechenland, Argentinien und andere Beispiele. Daraus können dann sehr unangenehme Konsequenzen für Gläubiger - sprich Anleger - und das weltweite Finanzsystem resultieren.
Das Fazit lautet daher: die globale Verschuldung ist nicht unbedingt ein Anlass zur Sorge, die Verschuldungssituation und -politik einzelner Länder und Volkswirtschaften aber schon.