Dabei war das vergleichsweise gut verzinste Tagesgeld für Anleger lange eine Alternative zu mageren Sparzinsen. Die Direktbanken konnten es sich dank ihrer günstigeren Kostenstrukturen leisten, bessere Konditionen zu bieten, als die klassischen Filialbanken.
Das Tagesgeld wurde dabei als Einstiegsprodukt zur Neukundengewinnung gesehen und daher häufig besonders attraktiv verzinst.
Ein längerfristiger Trend
Der Zinsverfall hat allerdings nicht erst kürzlich begonnen. Bereits seit mehreren Jahren sind die Tagesgeld-Zinsen rückläufig. Als kurzfristige Zinssätze bewegen sie sich stark parallel zum Leitzins, der im Zuge der lockeren Geldpolitik der EZB mehrfach gesenkt wurde. Das Ergebnis dieser Entwicklung ist eindeutig: trotz steigender Tagesgeld-Einlagen gehen die Zinszahlungen der Banken an die Sparer kontinuierlich zurück. Während im Jahre 2009 für 529,6 Mrd. Euro Tagesgeld noch 9,4 Mrd. Euro Zinsen gezahlt wurden, könnten es in diesem Jahr bei einem Einlagen-Volumen von über 1000 Mrd. Euro gerade noch 2,5 Mrd. Euro sein.
Oder anders ausgedrückt: Das Tagesgeld-Volumen hat sich binnen sechs Jahren mehr als verdoppelt, die Zinszahlungen sind dagegen auf weniger als ein Drittel gesunken. Dass die Anleger trotz ständig sinkende Zinsen immer noch mehr Geld in ihre Einlagen stecken, ist wohl auch ein Ausdruck der Ratlosigkeit. Es gibt einfach keine lohnenderen verzinslichen Alternativen am Markt. Tagesgeld wird daher genutzt, um Geld zu parken und auf bessere Zinszeiten zu hoffen. Bei Aktien und anderen risikobehafteten Investments zeigen sich die konservativen deutschen Sparer nach wie vor zurückhaltend.
In den USA z.B. profitieren sehr viele von dem aktuellen Aktienaufschwung. In Deutschland sind es aber nur sehr wenige, 90 Prozent der Deutschen haben keine Aktien. Sie investieren viel zu einseitig. Eine höhere Diversifikation wäre nötig.
In einem Interview mit der Welt (vom 22.03.2015) findet Professor Bernd Raffelhüschen klare Worte: "90 Prozent der Menschen sind ökonomische Analphabeten, was das angeht. Die gucken jetzt in die Röhre, deren Anlage verzinst sich nicht vernünftig. Wer jetzt keine Aktien hat, war in der Vergangenheit doof, das muss man einfach so deutlich sagen."
Zentralbank-Geld ist billiger
Den jüngsten Anstoß zur weiteren Konditionen-Verschlechterung mag der Start des Anleihe-Aufkaufprogramms der EZB gegeben haben. Die Euro-Notenbank hat damit dem Finanzsektor unmissverständlich signalisiert, auf absehbare Zeit weiter billiges Geld in den Markt pumpen zu wollen. Das Tagesgeld verliert vor diesem Hintergrund für die Institute als Refinanzierungsinstrument zunehmend an Bedeutung. Die Banken können sich Geld billiger und einfacher bei der EZB beschaffen.
Die Verzinsung der Einlagen wird dabei zunehmend zur Last. Von daher verwundert es nicht, dass man sich davon befreien möchte. Noch gibt es einige wenige Anbieter, die für Tagesgeld mehr als ein Prozent Zinsen bieten. Sie sind schon jetzt die Ausnahme und die Wahrscheinlichkeit steigt, dass am Markt bald nur noch Angebote mit einer Null vor dem Komma zu finden sind. Sparer müssen fast dankbar sein, wenn zumindest das Vorzeichen positiv bleibt.