Der Austritt des Vereinigten Königreichs hat die Akteure der globalen Börsen vermutlich überrascht, denn Aktien, Anleihen sowie Euro und Pfund verloren zunächst erheblich an Wert. Mittlerweile gewinnt die Rationalität wieder die Oberhand, schließlich hat nur ein durchschnittlich wichtiges Land einem Wirtschaftsraum den Rücken gekehrt. Während die Auswirkungen auf die globale Wirtschaft überschaubar bleiben, könnte der Brexit bei den verbleibenden Staaten falsche Signale setzen: Das Schuldenmachen dürfte wieder an Popularität gewinnen.
Die Briten wollten Reformen
Als einer der wenigen Nettozahler in der EU wollte Großbritannien anderen Mitgliedern das Schuldenmachen nur erlauben, wenn damit Reformen umgesetzt werden, die letztendlich der Gemeinschaft zugutekamen. Der Austritt könnte außerdem andere Nationen zum Verlassen der Europäischen Gemeinschaft animieren; derartige Bestrebungen sind derzeit in Finnland, den Niederlanden und in Deutschland zu registrieren. Die Gefahr eines Scheiterns ist für die EU nach dem Abschied Großbritanniens erheblich gestiegen, weil es sich hierbei auch um wirtschaftlich einigermaßen starke Mitglieder handelt. Doch darüber hinaus droht die steigende Verschuldungsbereitschaft einiger Mitgliedsstaaten zum Problem für die EU zu werden.
Frankreichs Tendenz zum Schuldenmachen
Deutschland und Großbritannien ermahnten die anderen Mitglieder stets zur Sparsamkeit, welche mit Reformen angereichert halft, internationale Wettbewerbsfähigkeit zu erlangen. Staaten, wie beispielsweise Frankreich, wiedersetzten sich den von außen verordneten Reformen. Nach dem Abschied der Briten aus der EU ist Deutschland die einzige Nation, die sich jetzt noch für einen durch Sparsamkeit geordneten Staatshaushalt einsetzt. Doch wird die Bundesrepublik kaum den wieder auflebenden Modetrend "Schuldenmachen" in seine Schranken weisen können.
Frankreich favorisiert die Neuaufnahme von Schulden gleichermaßen wie die Mitgliedsländer am Mittelmeer und bekommt durch den Austritt eines Nettozahlers jetzt mehr Gewicht. Italien, Spanien, Portugal und Griechenland könnten der Grande Nation auch aus einem wichtigen Grund folgen: Die nordeuropäische Stabilitätspolitik führte bislang zu keinen Wachstumserfolgen.
Das Ende der Eurozone ist für einige Experten in greifbarer Nähe
Ungebremstes Schuldenmachen führt zu einer gefährlichen Ausweitung der Geldmenge und könnte ungeahnte Folgen haben. Die Gemeinschaftswährung verliert dann weiter an Wert und begünstigt damit den Anstieg des Dollars. Europa muss sich, will es die Währung langfristig erhalten, neu organisieren und zielgerichtet aufstellen.
Gelingt dies nicht, werden sich weitere Mitgliedsländer für den Austritt entscheiden und die Eurozone zerfällt mit verheerenden Folgen in die Bedeutungslosigkeit. Fachleute halten dies innerhalb der nächsten zehn Jahre für möglich, gleichwohl war für sie die in den letzten Tagen zu beobachtende Panik an den Aktienmärkten übertrieben. Nach dem Brexit steht jetzt vor allem die EU-Kommission in Brüssel im Fokus globaler Beobachter.