Prokon & Co. - moderne Bauernfängerei?

Die Windkraftfirma Prokon galt mit ihren Genussrechten an Öko-Investitionen bei Kleinanlegern lange Zeit als Star. Die Stiftung Warentest führt das norddeutsche Unternehmen allerdings schon seit drei Jahren auf ihrer "schwarzen Liste" für unseriöse Geldanlagen. Prokon-Chef Carsten Rodbertus hat das Image seiner Firma durch intensive Werbung und PR eindeutig positioniert.


Prokon

Seine Botschaft lautet: Ein engagiertes und der Tendenz nach alteratives Öko-Unternehmen unterstützt die Verbreitung alternativer Energien und beteiligt Kleinanleger über seine Genussrechte an einem wirtschaftlich ebenso wie ethisch sinnvollen Projekt. Für ihre Geldanlage verspricht Rodbertus seinen Investoren Traumrenditen von derzeit mindestens sechs Prozent. Noch vor kurzem wurden die Prokon-Genussrechte sogar mit Erträgen von acht Prozent beworben. Bisher schenkten diesen Versprechen rund 70.000 Kleinanleger Glauben, von denen das Unternehmen über 1,3 Milliarden Euro eingenommen hat. Seit Mitte September 2013 ist Carsten Rodbertus nun mit einer neuen Roadshow unterwegs. Bis 2018 sollen sich die Investitionen in Prokon-Genussrechte auf über zehn Milliarden Euro aufaddieren und würden damit den Börsenwert von Dax-Konzernen wie Thyssen-Krupp oder der Lufthansa übersteigen.

Stiftung Warentest - Prokon bewegt sich mit seinen Genussrechten im Graumarkt

Die Stiftung Warentest warnt dagegen schon seit drei Jahren vor einer Prokon-Geldanlage. Die Graumarkt-Expertin der Stiftung, Renate Daum, führt an, dass es Indizien gebe, nach denen Carsten Rodbertus ein Schneeballsystem betreiben, das in sich zusammenfällt, sobald neue Investoren nicht mehr in nennenswerter Zahl erscheinen. Bereits 2012 war im Anleger-Magazin "Capital" zu lesen, dass Prokon seine Gewinne mit internen Bilanztricks schönt: Demnach kauft das Unternehmen Windräder, die zuvor von einer Schwesterfirma errichtet wurden, auf und verbuche sie anschließend nicht zum Herstellungspreis, sondern deutlich teurer. Trotz der millionenschweren Bilanzgewinne bleibe die Firma bisher den Nachweis einer operativen Erwirtschaftung ihrer Traumrenditen schuldig. Auch einen regulären Konzernabschluss respektive eine Kapitalflussrechnung hat sie trotz Ankündigung nicht vorgelegt und stattdessen einen eher vage gehaltenen "Entwurf der Erstkonsolidierung" publiziert.

Die Warnungen von Finanzexperten und Verbraucherschützern stoßen bei Kleinanlegern jedoch überwiegend auf taube Ohren. Woche für Woche findet Prokon einige hundert neue Investoren. Sie ignorieren dabei weitgehend auch ein Gerichtsurteil, das Carsten Rodbertus verbietet, seine Genussrechte als sichere Geldanlage zu bewerben.

Im Übrigen warnt die Stiftung Warentest nicht nur vor Prokon, sondern betrachtet Genussrechte generell mit großer Skepsis. Genussrechte kombinieren die Eigenschaften von Aktien und Anleihen aus einer negativen Perspektive: Ebenso wie bei Anleihen ergibt sich aus ihrem Erwerb kein Mitspracherecht über den Kurs des Unternehmens. Bei einer Insolvenz haften die Inhaber von Genussrechten ebenso wie Aktien-Besitzer, was im Ernstfall zum Totalverlust des Anlagevermögens führen kann. Durch die seit Juli 2013 gültige überarbeitete Fassung des Kapitalanlagegesetzes werden Genussrechte nicht erfasst - damit greifen in diesem Bereich weder gesetzliche Regulierung noch Kontrollen.

Argumente gegen Prokon: Direktvertrieb ohne gesetzliche Regulierung und ohne Transparenz

Graumarkt-Expertin Daum gibt vor allem Kleinanlegern einige wichtige Regeln an die Hand: Bei Finanzprodukten, die mit hohem PR-Aufwand und einer oft massiven Banken- und Börsen-Kritik vertrieben werden, seien oft wenig seriös. Auch hierfür steht Prokon exemplarisch - Carsten Rodbertus wirbt die Gelder seiner Kunden auf seinen Roadshows unter Umgehung von Kreditinstituten, der Börse oder offiziellen Maklern ein.

Damit trifft er nicht nur einen Nerv vieler Kleinanleger, sondern unterliegt auch nicht den strengen, gesetzlichen Auflagen für Finanzvermittler. Auch die allgemeine Kapitalmarkt- und Börsenstimmung sollte nicht das entscheidende Kriterium für eine bestimme Geldanlage sein. Fakt ist, dass seit dem Lehman-Desaster vor fünf Jahren viele Anleger ihr Vertrauen in die Finanzbranche weitgehend verloren haben - fatal ist, wenn sie stattdessen ihr Geld an die Versprechungen des Grauen Marktes verlieren. Auch hier wieder O-Ton Prokon: Carsten Rodbertus stellt im aktuellen Kurzprospekt seines Unternehmens ausdrücklich fest, dass er die Prokon-Genussrechte in Zeiten von "Inflations- und Spekulationsgefahr" für sicherer halte als jedes Bankkonto oder Sparbuch.

Dass deutsche Spargelder durch die Einlagensicherung weitgehend geschützt sind, während die Verlustrisiken von Genussrechten durch nichts gedeckelt werden, vergisst er jedoch, zu erwähnen. Firmen wie Prokon nutzen in diesem Sinne auch die Unkenntnis vieler Verbraucher über das Funktionieren und die Risiken von Finanzprodukten zu ihrem Vorteil aus. Last but not least:  Gier ist in der Regel ein schlechter Ratgeber für sichere Geldanlagen. Wer derzeit Zinserträge haben will, die wie die Renditen der Prokon-Genussrechten sechs Prozent oder mehr erreichen, muss sich auch des hohen Risikos, das damit verbunden ist, bewusst sein. Der Jahreszins für Tagesgeld liegt im Schnitt aktuell bei höchstens 1,5 Prozent, bei zehnjährigen Bundesanleihen liegt der Zinssatz derzeit bei 1,9 Prozent. Investment-Unternehmen, die für eine "sichere Geldanlage" deutlich mehr versprechen, betreiben nichts anderes als moderne Bauernfängerei.

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