Natur als Dienstleister: Wie misst man den Wert von Natur?
TEEB, The Economics of Ecosystems and Biodiversity, bewertet so genannte Ökosystemdienstleistungen wie sauberes Wasser, Nahrung, Luft oder Baustoffe. Mitstreiter der Initiative sind neben Nicholas Stern auch Pavan Sukhdev, früher Manager bei der Deutschen Bank, die Präsidentin des WWF und der Chef des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (Unep). TEEB kritisiert, dass für eine Reihe dieser Ökosystemdienstleistungen kein Markt existiere. So filtere eine Wiese zum Beispiel Wasser. Baue man dort eine Fabrik, entstehe ein Schaden, sobald die Filterdienstleistung wegfällt - auch, wenn dieses Unternehmen durch Arbeitsplätze und Warenproduktion zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) beitrage. Denn die Leistung der Wiese erscheine nicht im BIP, der Schaden in keiner Bilanz, so TEEB. Um dies zu ändern, möchte TEEB den Wert der Ökosystemdienstleistungen transparent machen.
Gekoppelt: Wert der Natur und ökonomischer Schaden
Intakte Moore binden Kohlendioxid, bei trockengelegten dagegen entweicht es - weil Bakterien den Boden zersetzen. Frühere Moore, auf denen zum Beispiel Energiemais angebaut wird, erweisen sich als wahre Treibhausgasquelle. Denn sie emittieren mehr CO?, als über die Maisvergärung in Biogasanlagen eingespart wird. Wiedervernässung dagegen ist eine relativ kostengünstige Klimaschutzmaßnahme: Moorböden machen nur acht Prozent der landwirtschaftlichen Flächen aus, aber produzieren gute 41 Mio. Tonnen CO?-Äquivalente jährlich - das sind 4,3 Prozent der deutschen Brutto-Gesamtemission pro Jahr. Das Wiedervernässen von 300.000 Hektar deutschen Moorbodens vermeidet so klimabedingte Schäden für die Volkswirtschaft in Höhe von jährlich 217 Millionen Euro. Prof. Bernd Hansjürgens, Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) und Leiter der deutschen TEEB-Studie "Naturkapital Deutschland - TEEB DE" ist sicher, dass die Natur oft einseitig ausgebeutet wird. Dabei gingen für Mensch und Zukunft fundamentale Leistungen der Natur verloren. Seit 2012 trägt TEEB Informationen zum Wert deutscher Ökosysteme in Bürgerbefragungen zusammen. Und berechnet, wie viel Geld Naturschutz spart.
Moor-Futures - verbriefter Öko-Wert
Wer zahlt dafür? Moor-Futures, Wertpapiere auf Basis ökologischer Leistungen, sind ein Konzept von Thorsten Permien, Referatsleiter im Umweltministerium Mecklenburg-Vorpommern. Seit 2011 können Moor-Futures zum Wert von etwa 30 Euro erworben werden. Das Geld fließt in die Vernässung der Moorlandschaft und soll zukünftig eine Tonne CO? pro Aktie einsparen - keine Spende, sondern eine steuerrechtlich anerkannte Investition. Geld, das die Landbesitzer für mögliche Gewinnausfälle entschädigen soll, wenn ihr Moor für wenigstens 50 Jahre weder landwirtschaftlich genutzt noch verpachtet wird. Darüber hinaus plant TEEB Fonds für Ausgleichsmaßnahmen bzw. Ausgleichszahlungen. Die Strategie: Unternehmer und Politik mit ökonomischen Argumenten für den Umweltschutz gewinnen, sobald diese den (Markt-)Wert von Natur erkannt haben. Allerdings ging die Strategie beim CO2-Emissionshandel nicht auf. Entsprechende Zertifikate, in großer Menge zu niedrigem Stückpreis vorhanden, regten Firmen nicht zu klimaschonendem Handeln an.
Kritiker: Nur neues Freikaufmodell
Lili Fuhr, Umweltreferentin der Heinrich-Böll-Stiftung, kritisiert, dass es wie beim Emissionshandel nur darum ginge, sich frei zu kaufen. Außerdem würde die Natur zur Ware. Statt Umweltschäden zu vermeiden, denke man nun direkt darüber nach, diesen Wert auszugleichen. TEEB animiere Wirtschaft und Politik zu dieser Sichtweise. Doch welche realen Aussichten haben Moor-Futures überhaupt, was die klimafreundliche Renaturierung der Moore angeht? Nicht handelbar, fließt das Geld direkt in Fonds, die landwirtschaftliche Flächen wieder zu Moorlandschaft machen sollen. Gut durchdachte Konzepte sehen anders aus: Leider werden in strukturschwachen Regionen Unternehmen, die im großen Stil Moor-Futures kaufen, oft vergeblich gesucht. Denn die meisten Firmen, die sich im Bereich Ökosystem als Teil einer Imagekampagne engagieren, suchen sich ihre Naturprojekte lieber vor der eigenen Haustür.