Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) befeuert die Diskussion um die beste Verwendung der Steuerüberschüsse mit neuen Zahlen, die sich vor allem auf den sogenannten steuerlichen Mittelstandsbauch beziehen. Damit werden die relativ hohen Steuerbelastungen mittlerer Einkommen bezeichnet. Die Steuerprogression vollständig zu glätten, würde den Staat allerdings rund 35 Milliarden Euro Steuereinnahmen kosten, so das DIW.
Streitpunkt Steuertarif: das alte Lied vom Mittelstandsbauch
Er wird schon lange diskutiert, Pläne zum Abbau gab es bereits viele - allein an der Umsetzung scheiterte es bislang. Auch die aktuellen Vorstellungen zu einer Korrektur würden bevorzugt die oberen 20 Prozent der Einkommen betreffen, so das DIW. Dabei sind es vor allem die Jahreseinkommen zwischen 10.000 und 30.000 Euro, die im Verhältnis am stärksten von der Steuerprogression betroffen sind.
Wird der Steuertarif nämlich geglättet, würde er von 14 Prozent gleichmäßig auf die 42 Prozent ansteigen, die den heutigen Spitzensteuersatz ausmachen. Dadurch könnten ledige Steuerzahler mit einem Einkommen von über 60.000 Euro pro Jahr rund 1.600 Euro sparen. Verdienen Ehepaare das Doppelte, verdoppelt sich auch der Effekt. Wer jedoch nur 24.000 Euro Jahreseinkommen erzielt, würde laut DIW auch nur um 500 Euro entlastet werden. Vor allem Haushalte in den unteren Einkommensbereichen würden von der Korrektur des Mittelstandsbauches also kaum etwas spüren.
Empfehlungen des DIW: Sozialabgaben senken, Spitzensteuersatz anheben
Um diese Ungleichheit abzustellen, würde sich eine Entlastung bei den Sozialabgaben empfehlen, so das DIW. Gleichzeitig sollte der Spitzensteuersatz wieder steigen, da aktuell die oberen 20 Prozent knapp drei Viertel des gesamten Steueraufkommens bestreiten und somit ein spürbarer Effekt zu erzielen wäre. Auch dazu gibt es Aussagen vom DIW: Eine Anhebung des maximalen Steuersatzes von 42 auf 49 Prozent brächte unter dem Strich rund zehn Milliarden Euro ein, was die Kosten für die Korrektur des Mittelstandsbauches nicht ausgleicht.
Auch Finanzminister Wolfgang Schäuble agiert vorsichtig, er hat den Spielraum für Steuerentlastungen auf 15 Milliarden Euro beziffert. Damit verfehlt er die Forderungen renommierter Wirtschaftspolitiker aus der CDU bei Weitem, deren Vorstellungen würden nämlich 30 Milliarden Euro umfassen. Es steht nun zu erwarten, dass dieses Thema im Wahlkampf noch stärker aufgenommen wird. So will die SPD die Steuerüberschüsse bevorzugt investieren, während die FDP die Belastungsgrenze bei weiten Teilen der Bevölkerung erreicht sieht - ob es zu einer wirklichen Steuerentlastung kommt, bleibt also fraglich.