Wenig Gerechtigkeit in kapitalistischen Wirtschaftssystemen
Thomas Piketty hat als Professor der Paris School of Economics jahrelang die Einkommensentwicklungen verschiedener Nationen durch die Jahrhunderte verfolgt. Er fasste die Erkenntnisse in seinem knapp 700 Seiten umfassendem Buch mit dem Titel "Das Kapital im 21. Jahrhundert" zusammen. Er stellte unter anderem fest, dass kapitalistische Systeme insbesondere in Krisenzeiten jegliche Gerechtigkeit vermissen lassen, weil dann immer die bereits Besitzenden begünstigt werden.
Die gesellschaftliche Ungleichheit kommt immer bei langsam wachsender Wirtschaft zum Ausdruck, denn dann stagnieren die Löhne, doch die Vermögen wachsen unentwegt weiter. Beweisen kann der 42-jährige Wirtschaftswissenschaftler seine Beobachtungen durch das Studium von dreihundert Jahren Wirtschaftsentwicklung. In diesem Zeitraum lag das inflationsbereinigte Wachstum bei jährlich eineinhalb Prozent, Vermögen wuchsen jedoch um fast fünf Prozent. Demnach haben bereits Vermögende die größten Chancen, ihren Besitz unaufhörlich zu vermehren. Mit seinem Buch kommt Piketty genau zur rechten Zeit, denn weltweit diskutieren Verbraucher und Politiker über das Phänomen der schwindenden Gerechtigkeit. Erste Ergebnisse zeigen, dass bei gleichmäßiger Verteilung gesellschaftlicher Vermögen das Wachstum beschleunigt und nachhaltiger gestaltet werden kann. Auch die Umverteilung durch Steuern übt keinen Einfluss auf die wirtschaftliche Entwicklung aus. Doch welche Steuern könnten der Gerechtigkeit Vorschub leisten?
Radikale Rezepte für die Gerechtigkeit
Bei deutschen Einkommen ist die Ungleichheit im Vergleich zu anderen Nationen relativ moderat. Fehlende Gerechtigkeit kommt jedoch bei der Vermögensverteilung zum Vorschein. Der deutsche Staat müsste hier eingreifen und mit Steuern für mehr Ausgleich zwischen Arm und Reich sorgen. Ginge es nach den Vorstellungen von Thomas Piketty, könnten die Methoden kaum radikal genug sein. Für ihn sind höhere Steuern auf Vermögen effiziente Mittel zur Beseitigung sozialer Unterschiede. Auch die Spitzenverdiener hat der Ökonom im Visier, ihnen würde er bis zu 80 Prozent Steuern auferlegen.
Sind höhere Steuern die Lösung?
Die Idee von Thomas Piketty läuft nach Ansicht führender Experten ins Leere, denn mit hohen Steuern würden nur die produktiven Teile der Gesellschaft belastet. Superreiche, die ihr Vermögen in Unternehmensbeteiligungen oder Kapitalanlagen investiert haben, werden von höheren Steuern kaum tangiert. Sie könnten lediglich mit der Wiedereinführung der Vermögenssteuer an der Generierung von mehr Gerechtigkeit beteiligt werden. Doch wirft die Implementierung der Vermögenssteuer zahlreiche Probleme auf, denn sie belastet auch Vermögen, die keine Erträge erwirtschaften. Stattdessen sollten Kapitalerträge höher besteuert werden.
Steuern auf Immobilienbesitz
Weil Vermögende gerne in Immobilien investieren, bietet sich die Besteuerung dieser Besitztümer besonders aus einem Grund an: Deutschland erhebt aktuell nur geringe Steuern auf Immobilien und Grundbesitz. Fachleute erkennen allerdings nur einen begrenzten Effekt für die Umverteilung.