Disinflation als Dauerzustand
Immer mehr Anleger sind sich sicher: Preisniveau bzw. Inflationsraten der reicheren Länder sinken weiter Richtung Deflationsmarke. Wie in den USA der 1930er sind Deflation und schwaches Wirtschaftswachstum zwei Seiten der selben Medaille. Doch was kurbelt die Wirtschaft an, wenn der Leitzins bei Null liegt? Sind die Notenbanken handlungsunfähig, muss sich die Finanzpolitik dazu entschließen, Schulden aufzunehmen. Nach der Finanzkrise von 2008 und der anschließenden Rezession, kletterten vor allem die Haushaltsdefizite von Peripheriestaaten, entsprechende Zinsen im Gepäck, nach oben. Nicht nur Griechenland, Spanien und Italien, sondern auch Portugal, Irland oder sogar Frankreich wurde die Zahlungsunfähigkeit prophezeit. Aber auch die Verschuldung von Japan und den USA wuchs: Die Banken, vor der Krise regelrecht aufgebläht, hatten schlechte Kredite und Wertpapiere ungeprüft verbucht, ohne über eine solide Eigenkapitalbasis zu verfügen.
Lockere Geldpolitik - droht Hyperinflation?
Inzwischen läuft die Gelddruckmaschine mit Aufkauf staatlicher Anleihen in den USA, der Eurozone, Japan und Großbritannien seit fast sechs Jahren. Ziel: Banken zur zügigen Kreditvergabe an die Wirtschaft zu animieren. Zwar nahm das Wachstum etwas an Fahrt auf, aber nicht ausreichend, denn die Arbeitslosigkeit ist weiter zu hoch. Warum scheitert die Transmission zwischen Geldpolitik und Wirtschaft? Regierungen, Haushalte und Banken betreiben Schuldenabbau. Egal, wie verlockend die Konditionen auch sind - niemand will neue Schulden machen. Wie groß ist das Risiko einer Hyperinflation bei fortgesetzt expansiver Geldpolitik?
Von Inflation ist die Rede, wenn bei schwacher Wirtschaftsleistung zuviel Geld im Umlauf ist. Falls es wie 1923 in Deutschland dazu käme, müssten Anleger, die auf Disinflation gesetzt hätten, Verluste verschmerzen. Anzeichen gibt es keine, zumal die Löhne westlicher Ländern kaum steigen und eine hohe Arbeitslosigkeit die Verhandlungsposition von Arbeitnehmern nicht gerade verbessert - reale Inflation geht stets mit Lohninflation Hand in Hand.
Kostendynamik: Disinflation bleibt
Dazu nimmt auch der Anstieg der Kapitalkosten nicht an Fahrt auf; kurzfristige Zinsen rangieren weiter um Null. Langfristige Zinsen stagnieren angesichts niedriger Inflationsrate, auch beim Abbau staatlicher Defizite herrscht Stagnation. Steigen die Aktienkurse, gehen die Kosten für Eigenkapital zurück. Inzwischen sind Aktienkurse auf hohem Niveau, also scheint dieser Trend für 2014 ausgebremst. Die Kosten für Fremdkapital? In der Eurozone ist mit einem Rückgang zu rechnen. Nirgendwo sinken die Einfuhrkosten so stark. Rohstoffpreise sind weiterhin hoch, aber die Weltwirtschaft expandiert weniger schnell. Und der Euro wertet weiter auf. Eine Kostendynamik, die zeigt, dass es Sinn macht, sich zunächst auf Disinflation einzurichten.
Für Anleger bedeutet dies, dass sie Inflationsschutz - mit Wachstumsaktien, Rohstoffen, Gold oder Immobilien - vernachlässigen können. Wer dagegen Unternehmensanleihen, Aktien, Pfandbriefe und solide Unternehmen mit guter Dividendenrendite sowie Liquidität favorisiert, liegt in Zeiten der Disinflation richtig.