Mannheim könnte Schule machen: Multikulti in Deutschland

Multikulti ist ein Begriff, der das friedliche Miteinander von Menschen aus unterschiedlichen Kulturkreisen beschreibt. Er kommt bei Diskussionen zur aktuellen Einwanderungskrise kontrovers zur Anwendung. Dass es funktionieren könnte, belegt das sogenannte Mannheimer Modell, dem der folgende Beitrag gewidmet ist.


Multikulti

Der Dreißigjährige Krieg zerstörte weite Teile Europas und machte Millionen Menschen zu Vertriebenen. Auch Kurfürst Karl Ludwig floh vor den Auseinandersetzungen und fand bei Kriegsende das von seinen Vorfahren gegründete Mannheim in Schutt und Asche liegend vor. Beim Wiederaufbau beschloss der Kurfürst, Mannheim in eine Multikulti-Stadt zu verwandeln, er gab Häusern und Straßen Namen mit deutscher, französischer, niederländischer und portugiesischer Herkunft. Er orientierte sich dabei an den Herkunftsländern der neuen Bürger und an deren Anteil in der Gesamtbevölkerung.

Ohne nationale Unterschiede

Der Kurfürst machte bei seiner Multikulti-Stadt keinen Unterschied in Bezug auf Herkunftsländer, er gewährte allen die gleichen Privilegien. Er tolerierte alle damals bekannten Religionsformen und ließ die Zuwanderer auch an der Verwaltung teilhaben. Im multikulturellen Mannheim waren die unterschiedlichsten Religionen und Weltansichten vereinigt, die Schulen waren seitens der Größe auf den jeweiligen Bevölkerungsanteil der Zuwanderer ausgelegt. Karl Ludwig war ein liberaler Herrscher, der auch anderswo nicht tolerierten Religionen in Mannheim duldete. 

Karl Ludwig, ein bemerkenswerter Multikulti-Fürst

Nach dem jahrzehntelangen Krieg konnte jeder nach Mannheim kommen, der sich anstandslos in den Schmelzkessel der Nationen einfügte. Alle durften ihren unterschiedlichen Religionen nachgehen, ihre Götter verehren und gleichberechtigt am öffentlichen Leben teilhaben. Beschränkungen kannte der Kurfürst nicht, auch sorgte er dafür, dass es nicht zu Gettobildungen kam. Mannheim wies zwar schon damals einen streng geometrischen Grundriss auf, allerdings gab es keine Unterteilungen nach Konfession oder Herkunft.

Aufgrund des konsequent verfolgten Ansatzes war das Warenangebot in Mannheim bald facettenreicher als in anderen Städten, auch bei der Architektur zeigte sich die Stadt vielfältiger. Obwohl der deutsche Bevölkerungsanteil vergleichsweise gering war, wurde von Bewohnern aller Herkunftsländer Deutsch gesprochen. Multikulti funktionierte im Mannheimer Modell und führte zu blühendem Gemeinwesen, welches Aufschwung und Wohlstand brachte. Der Aufschwung wurde durch militärische Kräfte und die Pest mehrmals zeitweise ausgesetzt, aber durch den Pfälzischen Erbfolgekrieg abrupt beendet. 

Multikulti auch heute möglich?

Im Gegensatz zum langen Krieg im 17. Jahrhundert lebt Europa seit nunmehr 70 Jahren in friedlicher Demokratie. Die Menschen haben ein vollkommen anderes Weltbild und schufen in den letzten Jahrzehnten enorme Vermögenswerte. Gleichzeitig sind sie weltoffener als jemals zuvor und lassen sich immer weniger vorschreiben. 

Multikulti hätte auch heute gute Chancen, wenn die Leute es freiwillig inszenieren dürfen und kein Zwang von oben ausgeübt wird. Das Mannheimer Modell wurde mit Menschen umgesetzt, die gleichen Umständen unterlagen. Heute treffen Einwanderer aus globalen Krisengebieten auf etablierte Gesellschaftsformen und lösen bei den Einheimischen Verlustängste aus. Die Politik muss die berechtigten Interessen der Alteingesessenen anerkennen und schützen, dann hat Multikulti auch heute Bestand.  


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