Eigentlich ist das Bausparen ein Modell, das auf Solidität ausgerichtet ist. Der Sparer bildet regelmäßig Kapital und nimmt dabei eine vergleichsweise niedrige Verzinsung in Kauf. Dafür erhält er später ein Darlehen zu günstigen Konditionen garantiert.
Traditionelle Säule der Baufinanzierung
Bausparverträge bilden daher seit Generationen eine tragende Säule der Immobilienfinanzierung. In normalen Zinszeiten ist dies - trotz Spießer-Ruf, der zum Teil sogar aktiv vermarktet wird - eine sinnvolle Lösung. In der Niedrigzinsphase sieht das anders aus. Heute erhalten Bauherren bei herkömmlichen Hypothekendarlehen Zinssätze, die deutlich unter den Zinsgarantien der in früheren Jahren abgeschlossenen Bausparverträge liegen. Es ist für sie letztlich attraktiver, ihr Bauvorhaben mit einem solchen Kredit zu realisieren, als das Bauspardarlehen in Anspruch zu nehmen.
Immer mehr Bausparer verzichten daher bei Zuteilungsreife auf ihren Bausparkredit und finanzieren sich anderweitig. Auf der anderen Seite erweist sich für viele Kunden das angesparte Kapital heute als Glücksfall. Denn die Zinsen, die die Bausparkassen ihnen einst zugesagt haben, sind am Markt längst nicht mehr erzielbar. Da die Zinssätze vertraglich fest vereinbart sind, können die Bausparkassen sie nicht einseitig anpassen.
Bausparkassen kündigen verstärkt
Es versteht sich von selbst, dass damit die Kalkulation der Bausparkassen nicht mehr aufgeht. Die Altverträge aus Zeiten höherer Zinsen bedeuten für die Institute Verluste und belasten zunehmen die Ertragslage. Manche Bausparkassen greifen daher zum Mittel der Kündigung. Zuletzt machte der Marktführer Bausparkasse Schwäbisch Hall davon Gebrauch, andere wie die Bausparkasse Wüstenrot und mehrere Landesbausparkassen hatten dies bereits vorher praktiziert. Gekündigt wurden vor allem Bausparverträge, die bereits zuteilungsreif waren, von den Bausparern aber nicht abgerufen wurden.
Die Institute argumentieren jetzt, dass damit die eigentliche Geschäftsgrundlage der Verträge entfallen sei und beziehen sich auf entsprechende Vertragsklauseln. Ob diese Vorgehensweise rechtmäßig ist, darüber wird noch gestritten. Eine höchstrichterliche Rechtsprechung zu dem Thema gibt es nicht. Dazu müssen sich betroffene Bausparer erst einmal über mehrere Instanzen hinweg nach oben klagen, das kann erfahrungsgemäß dauern.
Image-Schaden in Kauf genommen
Eins steht jedenfalls schon fest. Der Image-Schaden dieser Geschäftspolitik für die Branche ist beträchtlich. Denn die große Mehrheit der betroffenen Bausparer fühlt sich durch das Verhalten um fest geglaubte Zusagen betrogen. Der Verweis auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage wirkt dabei wie ein juristischer Winkelzug. Die Bausparkassen selbst nehmen diesen Image-Schaden bewusst in Kauf. Ihnen ist die eigene Existenzsicherung wichtiger.