Seit Jahren scheinen die Bauzinsen nur eine Richtung zu kennen. Das Allzeittief der Effektivzinsen für Darlehen mit zehnjähriger Bindung, das kürzlich erreicht wurde, wird manchen trösten, der angesichts des kurzzeitigen Anstiegs um wenige Nachkommastellen schon befürchtete, er hätte die beste Chance beim billigen Baugeld bereits verpasst. Wer so lange abgewartet hat, darf sich vielleicht über noch niedrigere Zinsen freuen. Angesichts der lockeren Zinspolitik der EZB und negativer Zinsen für Bundesanleihen rechnen selbst konservative Finanzexperten damit, dass der eingeschlagene Trend in den nächsten Monaten anhalten wird.
Niedrigzinsen sichern oder noch warten?
Und dennoch arbeitet die Zeit gegen Sie, falls Sie den Erwerb einer Immobilie planen. Rekordtiefs bei den Bauzinsen und fehlende Renditen beim Sparen treiben auf der anderen Seite die Preise für Immobilien bundesweit in die Höhe. In Großstädten, in denen der Preisanstieg durch die Wohnungsnot zusätzlich angefacht wird, werden die Immobilienpreise nach Ansicht von Fachleuten voraussichtlich auch 2016 Zuwachsraten von etwa 7,5 % erreichen. Im bundesweiten Durchschnitt wird mit einer Preissteigerung von 6 % gerechnet. Um einen günstigen Zeitpunkt für eine Finanzierung zu treffen, ist angesichts der Entwicklung eine unabhängige Beratung dringend anzuraten.
Bedarf an Eigenkapital und Bereitschaft zu höherer Verschuldung steigen
Die Entwicklung, die sich seit längerer Zeit vollzieht, birgt durchaus Gefahren. Manche Interessenten entscheiden sich angesichts der niedrigen Zinsen für eine Immobilie, obwohl es ihnen am erforderlichen Eigenkapital fehlt. Zwar sind auch die durchschnittlichen Einkommen der deutschen Arbeitnehmer in den letzten Jahren angestiegen. Damit können sich die Kreditnehmer rein rechnerisch höhere Monatsraten zur Abzahlung des Kredits leisten. Doch mit steigenden Immobilienpreisen und Nebenkosten wird auch der Eigenkapital-Bedarf in die Höhe getrieben.
Um den Wunsch nach dem Traumhaus dennoch Realität werden zu lassen, steigt der Verschuldungsgrad an. Immobilienscout24 hat durch Auswertung von Kreditanfragen herausgefunden, dass die Höhe der angefragten Kreditsummen 2016 etwa 3 % höher liegt als im Jahr zuvor. In München ist die Bereitschaft zur Verschuldung besonders stark ausgeprägt. Hier müssen sich die Kreditnehmer im Durchschnitt etwa 72 % des Hauspreises von der Bank beschaffen. Mit einer durchschnittlichen Kreditsumme von knapp 360.000 Euro stehen die Münchener Kreditnehmer mit 90 Monatsgehältern in der Kreide. Etwas anders sieht es in der deutschen Hauptstadt aus. Hier verschulden sich die Kreditnehmer lediglich mit 61 Monatsgehältern. Auffällig ist ebenfalls, dass dieser Wert in Berlin rückläufig ist: 2015 waren es noch 66 Monatsgehälter.