Schwarmintelligenz prägt das Investment-Verhalten
So ist zumindest der jüngste Financial Stability Report der Organisation zu verstehen, der sich in regelmäßigen Abständen mit der Stabilität des weltweiten Finanzystems befasst. Der IWF ist dabei keineswegs die einzige Institution, die sich diesbezüglich Sorgen macht. Was treibt die Experten? Es ist die schiere Masse der Investmentfonds, die mehr und mehr das Geschehen an den Märkten bestimmt.
Derzeit sind mehr als 28 Billionen Euro in Investmentfonds angelegt - eine nahezu unvorstellbare Zahl. Das Fondsvolumen hat sich damit binnen weniger Jahre verdoppelt. Das gigantische Wachstum ist dabei nicht zuletzt der lockeren Geldpolitik vieler Zentralbanken geschuldet. Sie spült eine enorme Liquidität in die Märkte, die nicht nur ein Kursfeuerwerk an den Börsen auslöst, sondern den Fondsgesellschaften auch große Anlagesummen zuführt.
Kursgewinne sind dabei fast zu einem Automatismus geworden. Immer noch niedrigere Zinsen lassen die Anleihekurse ebenso steigen wie die von Aktien. Fondsmanager können daher nicht sehr viel verkehrt machen, sie müssen nur dem Trend folgen. Das genau ist zu beobachten. Selbst vermeintlich aktiv gemanagte Investmentfonds verfolgen heute vielfach eine am Index orientierte Anlagestrategie. Die zunehmende Verbreitung börsengehandelter Indexfonds - sogenannter ETF - verstärkt diese Tendenz noch. Denn der "Herdentrieb" - oder etwas smarter formuliert die "Schwarmintelligenz" - gehört bei ihnen de facto zum System. Gut drei Billionen Euro macht das ETF-Volumen schon aus.
Größere Anfälligkeit des Finanzsystems
Solange sich die Entwicklung in eine positive Richtung bewegt, sind alle Marktakteure zufrieden. Kritisch wird es, wenn sich der Trend einmal umkehrt. Dann würden womöglich die gleichen Kräfte und Mechanismen, die derzeit die Kurse extrem nach oben treiben, ebenso stark nach unten wirken. Ein Crash bisher nicht vorstellbaren Ausmaßes könnte die Folge sein. Denn es fehlt in einer Welt, in der nahezu alle dem Index folgen, an Marktakteuren, die bereit sind, spekulative Risiken einzugehen und damit einen Trend abfangen.
Banken, die in der Vergangenheit diese Funktion übernommen haben, wurden nach der Finanzkrise in ihren Möglichkeiten beschränkt. Und bei der schieren Masse indexorientierter Fonds fallen Markt-Korrekturen durch Spekulanten schwerer.
Derzeit ist eine solche grundlegende Trendwende zwar nicht in Sicht. Die Anfälligkeit des Finanzsystems für einen solchen schockartigen Kurswechsel ist durch das starke Wachstum der Investmentfonds aber größer geworden. Selbst kleine Ereignisse können dabei schon nachhaltige Wirkungen auslösen.