Wer sich morgens und abends durch die Staus oder in überfüllte Züge quält, wird die Erkenntnisse des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung, die Anzahl und der Weg der Pendler seien stark angewachsen, bestätigen. Jetzt aber die Pendlerpauschale anzugreifen, um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, dürfte fatale Folgen nach sich ziehen.
Die Profiteure: Arbeits- und Wohnungsmarkt sowie Automobilindustrie
Insbesondere in den Metropolen unseres Landes sind die Mietpreise bereits derart angestiegen, dass Familien auf das Umland ausweichen und lange Wege zur Arbeit auf sich nehmen müssen. Pendler gleichen also das enorme Ungleichgewicht auf dem Wohnungsmarkt aus, denn die Landflucht hat schon bis hierhin rund 1,8 Millionen leerstehende Wohnungen verursacht. Auf der anderen Seite werden die ohnehin aus den Nähten platzenden Großstädte entlastet, was mit einer Abschaffung der Pendlerpauschale ein jähes Ende fände.
Die Digitalisierung wird zunehmend neue Arbeitsmodelle schaffen, sodass sich der Weg zur Arbeit für viele Arbeitnehmer auf einzelne Meetings beschränken wird. Allerdings dürfte bis dahin noch etwas Zeit vergehen. Proteste gegen neue Häuser oder S-Bahnen laufen also ins Leere, würden sie Erfolg haben, wären längere Staus und noch weiter steigende Wohnraummieten die logischen Konsequenzen.
Ein weiterer Aspekt wird ebenfalls ausgeblendet: Mit dem Streichen der Pendlerpauschale dürften sich viele Arbeitnehmer schwer damit tun, ein eigenes Auto zu finanzieren. Der Umsatz für unsere Automobilindustrie würde demnach einbrechen. Diese steht ohnehin vor gravierenden Veränderungen, setzt sich das selbst fahrende Auto über kurz oder lang durch. Wozu müsste dann noch jede Familie mindestens ein Auto erwerben? Eine Miet-Flotte, die auf Abruf zur Verfügung steht und damit deutlich effektiver ausgelastet würde, als es derzeit der Fall ist, bietet sich geradezu an.
Herausforderungen annehmen und nachhaltige Lösungen schaffen
Es geht also um deutlich mehr, sollen die unweigerlichen Folgen der Megatrends Digitalisierung, Globalisierung und Urbanisierung aufgefangen und in Erfolgsmodelle gelenkt werden. Einerseits ist die Wirtschaft gefragt, sich auf die kommenden Umbrüche einzustellen und neue Arbeitsmodelle zu erleichtern, andererseits aber auch die Politik: Unternehmen und Verwaltungszentren müssen nicht zwangsläufig in den Ballungszentren angesiedelt werden, die Möglichkeiten von Arbeiten 4.0 schaffen hier Raum für Alternativen. Andererseits reichen die vergleichsweise geringen Investitionen in die Infrastruktur nicht aus, um die akuten Probleme wirklich zu beheben. Hier braucht es einen großen Wurf, der bessere Verkehrsanbindungen mit ein- und die privaten PKW letztendlich ausschließt.