Nach Solvency II müssen die Lebensversicherer künftig ihr Geschäft mit mehr Eigenkapital unterlegen. Bei den Kapitalanlagen wird dann stärker als bisher nach Risiken differenziert. Wer riskantere Anlagen tätigt, muss mehr Eigenkapital unterlegen. Bereits im Vorfeld der neuen Regelungen testet die BaFin, inwieweit die Unternehmen in der Lage sind, die Vorgaben zu erfüllen.
Solvency II - mehr Eigenkapital für Risiken
Eine im vergangenen Jahr durchgeführte Untersuchung fiel dabei ernüchternd aus. Fast die Hälfte der 87 deutschen Lebensversicherer hätte die Solvency II-Regeln nicht erfüllt. Im Herbst 2014 lag die festgestellte Eigenkapitallücke bei 15 Milliarden Euro. Mittlerweile hat sich die Lage leicht entspannt. Jetzt beträgt das Defizit "nur" noch 12 Milliarden Euro.
Wackelkandidaten unter der BaFin-Lupe
Trotz dieser nicht unbeträchtlichen Summe werden die Versicherungsunternehmen die Anforderungen wahrscheinlich erfüllen. Denn es gelten lange Übergangsfristen für die strengeren Standards. 16 Jahre haben die Unternehmen Zeit, um entsprechende Anpassungen vorzunehmen. Die Bundesregierung beurteilt denn auch die Situation optimistisch und sieht keinen Handlungsbedarf, der Branche stärker unter die Arme zu greifen.
Für die BaFin ist das trotzdem kein Anlass, sich zurückzulehnen. Es gebe einige Wackelkandidaten, die genauer zu beobachten seien, so kürzlich der BaFin-Chef Felix Hufeld. Mit den Betroffenen will die Finanzaufsicht in Gespräche eintreten, um festzulegen, welche Änderungen in welchem Zeitrahmen vorzunehmen sind.
Das Problem mit den Zinsgarantien
Besonderes Augenmerk legt man dabei auf die langfristigen Zinsgarantien, die sich in der Niedrigzinsphase zu einer zunehmenden Belastung entwickelt haben. Mit Solvency II werden die Risiken, die aus solchen Zinszusagen resultieren, sichtbarer werden. Bislang ist das Zinsversprechen eines der tragenden Prinzipien der Lebensversicherer gewesen. Die Garantiezusagen im Bestand machen derzeit im Schnitt immer noch mehr als drei Prozent aus - ein Satz, der mit sicheren Kapitalanlagen am Markt kaum mehr zu erreichen ist.
Auslaufmodell Lebensversicherung
Einige Unternehmen haben daher bereits damit begonnen, sich von ihrem Kernprodukt zu verabschieden. Das jüngste Beispiel ist der Talanx-Konzern, der bei seinen Produkten nur noch den Erhalt der eingezahlten Beiträge garantieren möchte. Das Anlagerisiko wird damit ein Stück weit auf die Versicherungsnehmer verlagert. Talanx ist dabei fast ein Nachzügler. Konkurrent Generali hat schon vor einigen Monaten diesen Schritt vollzogen. Und beim Marktführer Allianz besteht das Neugeschäft nur noch zu 20 Prozent aus klassischen Lebensversicherungen. Konservativ verhält sich dagegen die R+V, die Zweitplatzierte am Markt.
Dennoch - die Lebensversicherung wird immer mehr zum Auslaufmodell.