Dass Lebensversicherungen ein Buch mit sieben Siegeln sind, davon wissen viele Kunden zu berichten. Die Berechnung von Kostenbelastungen, Gutschriften und Auszahlungsbeträgen ist kompliziert und ohne Experten-Know How kaum nachzuvollziehen. Wie aus den oft langjährigen Beiträgen schließlich das ausgewiesene Endergebnis wird, stellt für den Kunden eine Black Box dar.
Berechnung ist eine Black Box
Letztlich sind Vertragsinhaber darauf angewiesen, den Berechnungen zu vertrauen. Die Unternehmen setzten dazu seit langem EDV-Programme ein. Computer rechnen zuverlässig und machen keine Fehler, vorausgesetzt das Programm stimmt.
Daran mangelt es aber offenbar bei der Ergo. Als der Ergo-Konzern 1997 aus der Fusion von Hamburg-Mannheimer und Victoria Versicherung entstand, musste auch die EDV mit den Kundendaten auf ein einheitliches System umgestellt werden. Solche IT-Projekte stellen per se eine große Herausforderung dar. Deshalb beschränkte man sich auf das Notwendige. Nicht angetastet wurden u.a. die Rechenkerne der beiden Vorgänger, die bei der Berechnung der Lebensversicherungen eingesetzt werden.
Fehler in den Rechenkernen
So kommt es, dass heute bei der Ergo Jahrzehnte alte Programme nach wie vor ihren Dienst leisten. Nachträgliche Anpassungen wurden lediglich im Hinblick auf Gesetzesänderungen vorgenommen. Die Ergo weiß dabei schon länger, dass die Rechenkerne viele Fehler aufweisen. Schon seit 2012 bemüht man sich diskret um die Fehleranalyse und -beseitigung. Doch offensichtlich handelt es sich um eine Sisyphus-Arbeit, die nur schleppend vorangeht.
Bisher wurden insgesamt 350.000 Bescheide zu Lebensversicherungen korrigiert, ohne dass ein Ende abzusehen ist. Nach Ergo-Angaben geht es in der Mehrzahl der Fälle um Bagatell-Beträge, die sich in der Größenordnung von einigen Cent bis um die hundert Euro bewegen. Doch es gibt wohl auch einige wenige Einzelfälle, wo es um 10.000 Euro und mehr geht.
Auch andere Versicherer betroffen?
Wenn die fraglichen Summen auch im Schnitt überschaubar sein mögen, für die Ergo sind sie eine Last. So waren alleine bei Riester-Verträgen aus den Jahren 2006/2007 zwei Millionen Euro zu wenig ausgezahlt worden, was das Unternehmen jetzt nachgeholt hat. Gleichzeitig hatte die Ergo im gleichen Fall acht Millionen Euro zuviel geleistet, die aus Kulanz nicht mehr zurückgefordert wurden.
Der Imageschaden ist dabei noch nicht bewertet. Die Ergo muss dabei kein Einzelfall sein, andere Versicherungen könnten ebenfalls fehlerhafte Programme anwenden, auch wenn das noch bestritten wird.