"Spiegel Online" veröffentlichte jetzt aktuelle Zahlen zur Energiearmut in Deutschland: 6,9 Millionen Haushalte geben mehr als zehn Prozent ihres Einkommens für Energiekosten aus. Zwischen 2008 und 2011 ist die Zahl der energiearmen Haushalte von 13,8 auf 17 Prozent angestiegen. Jeder sechste Haushalt ist davon betroffen.
Fossile Energien werden zunehmend zur Armutsfalle
Das Zahlenmaterial geht auf eine Anfrage der grünen Bundestagsfraktion zurück. Zwar ist der Begriff der Energiearmut noch nicht eindeutig definiert. Als Grenze dafür gilt vorerst, wenn mehr als zehn Prozent des Nettoeinkommens für Energiekosten aufgewendet werden müssen.
Brisant ist, dass das Problem vor allem die unteren Einkommensschichten mit voller Härte trifft. Laut Angaben der Bundesregierung verfügten energiearme Haushalte über ein durchschnittliches Monatseinkommen von 930 Euro, von denen mindestens 93 Euro für Strom, Warmwasser sowie Heizkosten ausgegeben werden mussten. Der rasante Anstieg von Energiearmut in Deutschland ist das Ergebnis eines jahrelangen Trends: Die Energiekosten steigen deutlich stärker als Löhne und Gehälter. Die Ausgaben für Heizung und Warmwasser sind zwischen 2002 und 2013 um 43 Prozent angestiegen, im gleichen Zeitraum hatte sich der Lohnzuwachs im Schnitt nur auf rund 17 Prozent belaufen.
Die Bundestagsabgeordnete und Umweltexpertin der Grünen, Bärbel Höhn, stellt fest, dass die fossilen Energien zunehmend zur Armutsfalle werden und die Bundesregierung tatenlos zusehe, wie pro Jahr 400.000 weitere Haushalte in diese Falle driften. Das durch das Bundesbauministerium angekündigte "Bündnis für bezahlbares Wohnen" bliebe ohne Maßnahmen zur Einsparung von Energiekosten in der Praxis folgenlos. Höhere Energieeffizienz spielt in dem Konzeptpapier dafür im Übrigen bisher nicht einmal am Rande eine Rolle - das Programm soll lediglich die Förderung des sozialen Wohnungsbaus, die im Koalitionsvertrag vereinbarte Mietpreisbremse sowie die geplante Wohngelderhöhung bündeln.
Energetische Sanierung - ökonomisch wünschenswert, aber für den Bundeshaushalt teuer
Im Hinblick auf die Eindämmung der Energiekosten hat Deutschland zwar einige ehrgeizige Ziele formuliert: Zwei Prozent der Wohngebäude sollen jedes Jahr mit modernen Heizanlagen, Isolierfenstern und einer verbesserten Wärmedämmung ausgestattet werden. Tatsächlich erfolgt eine solche energetische Sanierung lediglich in der Hälfte der Gebäude. Die Grünen fordern daher eine stärkere finanzielle Förderung von energieeffizientem Bauen und Saniere. Die Kosten dafür sollen steuerlich absetzbar und entsprechende KfW-Förderprogramme besser ausgestattet werden. Außerdem sollte es zusammen mit dem Wohngeld einen Klimazuschuss geben. In den Koalitionsverhandlungen spielten solche Überlegungen zwar bei beiden Regierungsparteien eine Rolle, aufgrund einer zu hohen Belastung für den Bundeshaushalt verschwanden sie jedoch schnell von der Agenda.
Eine steuerliche Förderung von energieeffizienten Bau- und Sanierungsprojekten wäre sozialpolitisch heikel: Davon profitieren würden vor allem Gutverdiener mit Immobilieneigentum. Mieter - also diejenigen, bei denen sich die Energiearmut in erster Linie breit macht - hätten nichts davon. Vielmehr müssten sie durch eine energetische Sanierung auch noch mit spürbaren Mieterhöhungen rechnen. Von verbesserten KfW-Förderungsprogrammen könnten dagegen auch Mieter profitieren, da diese Sanierungskosten senken würden - entsprechend geringer fielen die Mietaufschläge aus. Auch die Energieexperten des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) sprechen sich für einen solchen Ansatz aus.
Eine Studie des DIW kommt außerdem zum Ergebnis, dass eine höhere Sanierungsquote nicht nur die Belastungen durch steigende Energiekosten mindern und dem Klima nutzen, sondern auch spürbar mehr Wirtschaftswachstum und damit Arbeitsplätze mit sich bringen würde.
Steigende Energiekosten - die optimale Vorsorgelösung ist das Eigenheim
Fakt ist, dass die Verbraucher - Eigenheimbesitzer ebenso wie Mieter - künftig in ihrer Vorsorge- und Vermögensplanung auch mit kontinuierlich steigenden Energiekosten rechnen müssen. Eine zukunftsfähige Altersvorsorge muss in der Lage sein, diese Belastungen dauerhaft zu kompensieren. Angesichts der Tatsache, dass die Mehrheit der Deutschen Wohneigentum als optimale Vorsorgeform betrachtet, ist der Erwerb von Wohneigentum auch unter diesem Aspekt bedenkenswert: Die energetische Sanierung selbstgenutzten Wohnraums könnte in Eigenregie und in einer finanziell belastbaren Lebensphase erfolgen. Einige staatliche und kommunale Förderprogramme gibt es auch heute schon dafür. Im höheren Lebensalter profitieren Haus- und Wohnungseigentümer dann nicht nur von der allgemeinen Wertanlage, sondern auch limitierten Kosten für Wohnen und Energie.