Indem das Kurs-Gewinn-Verhältnis durch Teilung des Aktienkurses durch den Unternehmensgewinn rechnerisch den Gewinn des einzelnen Papiers ermittelt, liefert es Anhaltspunkte dafür, ob eine Aktie zu einem fairen Preis erworben werden kann. Optimal für Anleger ist natürlich, wenn zukunftsfähige Aktien möglichst wenig kosten.
Faire Aktienpreise - durch das Kurs-Gewinn-Verhältnis nur bedingt bewertet
Beispielsweise erwirtschaftete Siemens im abgelaufenen Geschäftsjahr einen Gewinn von etwa 4,5 Milliarden Euro. Gleichzeitig sind 881 Millionen Siemens-Aktien mit einem Einzelkurs von derzeit rund 83 Euro im Umlauf, deren Gewinn bei 5,09 Euro lag. Aus diesen Daten ergibt sich ein Kurs-Gewinn-Verhältnis von etwas mehr als 16. Wer Siemens heute kaufen würde, hätte den Kaufpreis bei konstanten Gewinnen also nach 16 Jahren wieder eingespielt. Auf der gleichen Grundlage kann das Kurs-Gewinn-Verhältnis auch für alle Firmen eines Aktienindex, beispielsweise den DAX, berechnet werden.
Wie fair der Preis einer Aktie zu einem bestimmten Zeitpunkt ist, lässt sich durch das Kurs-Gewinn-Verhältnis jedoch nur begrenzt ermitteln. Auf den ersten Blick erlaubt es durch den Vergleich der Werte für verschiedene Jahre zwar einen Rückschluss auf den bisherigen Trend der Aktie. Aber: In den vergangenen drei Dekaden lag das Kurs-Gewinn-Verhältnis des DAX durchschnittlich bei 19, heute nur bei 10 - deutsche Aktien müssen heute also eigentlich spottbillig sein.
Die Crux dabei - Begrenztheit von Prognosen
Die Crux liegt in der Begrenztheit von Gewinnprognosen, also den Grundlagen für die Berechnung des aktuellen Kurs-Gewinn-Verhältnisses. Im Sommer 2008 gingen die Analysten beispielsweise von rasant steigenden Gewinnen und damit einem normalen Kurs-Gewinn-Verhältnis aus, Anleger hätten also kaufen müssen. Durch die Finanzkrise wurden diese Prognosen obsolet, als Resultat waren die Kurs-Gewinn-Verhältnisse für fast alle Papiere im Frühjahr 2009 überdurchschnittlich hoch - eigentlich ein No-Go für Aktienkäufe. Eine Lösung bot hier das sogenannte Shiller-Kurs-Gewinn-Verhältnis an: Die durch den US-amerikanische Ökonom Robert J. Shiller entwickelte Kennzahl vergleicht nicht die kurzfristigen Gewinnerwartungen der Unternehmen, sondern die durchschnittlichen Gewinne der vergangenen Dekade und gab auf dieser Basis im Frühjahr 2009 mit "eindeutig kaufen" das richtige Signal.
Heute gilt - übrigens im Gegensatz zu früheren Prognosen anhand des sogenannten Fed-Modells, nach dem aus steigenden Renditen US-amerikanischer Staatsanleihen ein sinkendes Kurs-Gewinn-Verhältnis und Aktien folglich billiger wurden - dass sich durch sinkende Zinsen für US-amerikanische oder deutsche Staatspapiere auch das Kurs-Gewinn-Verhältnis von Aktien reduziert. Der Hintergrund dafür ist unter anderem, dass Anleihen solventer Staaten bei vielen Anlegern angesichts der Krise als "sicherer Hafen" gelten und börsennotierte Unternehmen die Interessenten ihrer Aktien daher durch "gute Preise" überzeigen müssen. Deutsche Aktien bieten derzeit übrigens sehr faire Preise. Angesichts der seit einigen Wochen stark steigender Zinsen für US-amerikanische und deutsche Staatsanleihen ist allerdings auch ein steigendes Kurs-Gewinn-Verhältnis, also steigende Aktienkurse, zu erwarten. Für Anleger ist es heute jedoch oft viel erfolgversprechender, statt in die Aktien von Einzelunternehmen über Indexfonds (ETF) bei deutlich besserer Risikostreuung in "ganze Märkte" zu investieren. Auch für die Bewertung von ETFs liefert das Kurs-Gewinn-Verhältnis gute Ansatzpunkte.
Vor der Entscheidung für eine bestimmte Investitionsform sollten Anleger durch eine professionelle private Finanzplanung ermitteln lassen, welches Risiko-Potenzial am besten zu den eigenen Vermögensverhältnissen passt. Objektive Resultate erhalten sie vor allem durch den Rat eines wirklich unabhängigen Honorarberater, der nicht auf Provisionen angewiesen ist, sondern seine Klienten auf Honorarbasis berät. Honorarberater finden Sie auf unserer Übersichtskarte.