Der neue Trend der Mobilfunkbranche lautet „Smartphones für alle“ und dürfte Apple gar nicht schmecken, weil dieses Ziel nur über den Preis erreicht werden kann und der US-Amerikanische Hersteller für seine hochpreisigen und einfach zu bedienenden Designobjekte bekannt ist – und für die kennt man wegen ihrer hohe Preise. Die Zukunft ist auf dem internationalen Kongress für mobile Telefonie in Barcelona zu bestaunen und dabei wird schnell klar, dass Multimediahandys künftig nicht mehr zu Preisen eines Notebooks gehandelt werden müssen: Nokia, der bis vor kurzem auf teure Produkte gesetzt hatte, schwenkt jetzt um und bietet ein Smartphone für unter 200 Euro an: Indem man ein besseres Nutzererlebnis jetzt auch auf preisgünstigeren Geräten realisiere, erfände man damit den Kampf um Billiggeräte neu.
Das hatte sich bereits abgezeichnet, weil Stephen Elop, als ehemaliger Microsoft-Manager, dem Unternehmen vorsteht und sich auf das Betriebssystem Windows Phone konzentriert hatte. Seine Ankündigung, einer weiteren Milliarde Menschen den Zugang zum Internet verschaffen zu wollen, kann mit dieser neuen Preispolitik sogar möglich werden. Bereits bei den vergangenen Produktpräsentationen fand eine Konzentration auf die Kunden in Schwellenländern statt und es gab sogar schon Erfolge. Nokia hat unter anderem schon Verträge mit China Mobile abgeschlossen, das durch seine 700 Millionen Kunden als das größte Mobilfunkunternehmen der Welt gilt. Auf dem MWC in Barcelona hielt sich die Begeisterung eher in Grenzen, denn viele haben Hightechprodukte wie neue Smartphones im hochpreisigen Segment und einen Tabletcomputer erwartet.
Marko Ahtisaari, der Designchef des finnischen Handyherstellers, stellte stattdessen Modelle vor, die durch ihre Vielfarbigkeit und den niedrigen Preis ins Auge stachen. Nokias Ziel besteht allerdings auch darin, den preisgünstigen Geräten nach außen hin einen Oberklasse-Anstrich zu verpassen. So soll das Windows-Phone-8-Smartphone ein Nutzererlebnis bieten, das sonst nur bei High-End-Geräten vorzufinden ist. Das beinhaltet die ortsbezogenen Dienste des neuen Kartenprogramms Here, einen Musikdienst und Kamera-Apps. Im zweiten Quartal soll es in Deutschland in die Läden kommen und 199 Euro kosten. Ein iPhone 5 kostet mindestens dreimal so viel.
Neben den preisgünstigen Smartphones hat Nokia demnächst auch echte Billighandys im Programm, die sogar nur 15 Euro kosten werden. Laut Branchenexperten ist das eine positive Strategie. Insgesamt sehe Tony Cripps als Mitarbeiter des Analyseunternehmens Ovum hier eine gute Entwicklung: Geräte in allen Preisklassen vorweisen zu können, spreche für Nokias Ambitionen, zeitnah wieder Marktanteile zurückzuerobern. Nur müsse das Unternehmen jetzt den Verkauf besonders ins Visier nehmen und das Marketing ausbauen. Laut des Marktforschungsunternehmens IDC würden damit die chinesischen Handyhersteller unter Druck gesetzt, die ihre No-Name Ware gegen ein Markenhandy Nokias, das ebenso viel kostet, jetzt zu verteidigen hätten.
In Barcelona wurden darüber hinaus Marktzahlen veröffentlicht, die eine Orientierung auf den unteren Preisbereich als gute Strategie bestätigen. Momentan ist kaum jeder fünfte Handynutzer Besitzer eines Smartphones, wie das spanische Mobilfunkunternehmen Telefónica berichtet. Das Gefälle zwischen arm und reich komme hier deutlich zum tragen: In Schwellenländern haben gerade einmal 6 Prozent der Handynutzer ein Smartphone, während die europäischen Länder schon zu etwa 33 Prozent abgedeckt sind. (LB/BHB)