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Burn-out bedingt steigen die Krankheitstage extrem stark an

Um das 18-fache sind die Krankheitstage in den Jahren 2004 bis 2011, ausgelöst durch Burn-out, angestiegen.


Burn-out, die Krankheitstage steigen um mehr als 800

Bislang waren die Arbeitgeber immer sehr darum bemüht,  die Tatsache, dass Arbeitnehmer durch ihre beruflichen Aufgaben krank werden können, von sich zu weisen. Zuletzt versuchte der Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, Dieter Hundt, sich vehement gegen die Vorwürfe, dass die Unternehmen eine Mitschuld an der drastischen Zunahme an psychischen Erkrankungen tragen, zu wehren.

Hundt vertritt die Ansicht, dass derlei Krankheitsbilder nicht durch die berufliche Tätigkeit ausgelöst werden, sondern durch die jeweiligen Lebensumstände der Betroffenen. Dabei liegen die Ursachen sowohl im genetischen Bereich und bei den entwicklungsbedingten Faktoren bei Familie und Freizeit. Man könne hier nicht erwarten, dass die Arbeitgeber alles wieder richten, womit einzelne Personen in anderen Lebensbereichen überfordert sind.

Nun steht ein Gipfeltreffen bevor,  bei dem neben dem Bundesministerium auch hochrangige Gewerkschafts- und Arbeitgebervertreter gemeinschaftlich nach einer Lösung gegen den Stress an den Arbeitsplätzen suchen wollen. Gegenüber der „Welt am Sonntag“ wurden die Äußerungen von dem Verbandschef bereits dezenter.

Nach wie vor ist es seine Überzeugung, dass ein Arbeitsverhältnis und die damit einhergehende Beschäftigung sich positiv auf die psychische Gesundheit auswirke. Es wäre aber auch möglich, das die berufliche Tätigkeit im Rahmen einer psychischen Erkrankung eine Rolle spielt, jedoch niemals die einzige Ursache sein könnte. 

Der Arbeitsplatz als Stressfaktor

Für die Gewerkschaften könnte sich diese Äußerung nach einem großen Schritt in die richtige Richtung anhören. Das Vorstandsmitglied beim Deutschen Gewerkschaftsbund, Annelie Buntenbach, verlieh ihrer Freude mit den Worten Ausdruck, dass es gut sei, dass mittlerweile auch vonseiten der Arbeitgeberverbände davon ausgegangen wird, dass in einem Großteil der Unternehmen Defizite herrschen. Mittlerweile habe der Psychostress an den Arbeitsplätzen unerträgliche Ausmaße angenommen.

In der Tat steigt die Zahl der psychischen Erkrankungen in Deutschland im Verlauf der letzten Jahre drastisch, was aber auch damit zusammenhängt, dass dieses Thema heutzutage nicht mehr tabuisiert und somit auch öfter diagnostiziert wird. Gut 41 Prozent der Personen, die in Frührente gehen, sind auf psychische Erkrankungen zurückzuführen. Eine gute Beratung ist in einer solchen Phase unerlässlich.

Zwei der führenden Burn-Out-Forscher Amerikas, Christina Maslach und Michael Leiter, können gleich mehrere Faktoren aus dem täglichen Berufsleben benennen, die als zentrale Einflussgrößen bei der Entwicklung einen Burn-Out-Syndroms gelten. Dazu zählen eine stetig steigende Arbeitsmenge und Intensität, fehlende Anerkennung, mangelnde Kontrollen der geleisteten Arbeit, ein nicht vorhandenes Teamgefühl. 

Dieses Problem betrifft alle

Lange Zeit sei man davon ausgegangen, dass Burn-Out ein personenbezogenes Problem sei. Die gewonnenen Erkenntnisse haben das Zentrum der Forschung verändert, so Gabriele Buruck, Technische Universität Dresden.

Auch die Krankenkassen, die sich mit den Kosten für die psychischen Erkrankungen auseinandersetzen müssen, bestätigen, dass die Bedingungen an den Arbeitsplätzen diese Erkrankungen wesentlich stärker als noch vor einigen Jahren begünstigen. Frauen sind von dieser Entwicklung stärker als Männer betroffen.

Vonseiten der Unternehmen muss ein wesentlich stärkeres Interesse daran gezeigt werden, die Arbeitnehmer gesund zu erhalten, so der Geschäftsführer des BKK Bundesverbandes, Heinz Kaltenbach.

Verpflichtung zum Arbeitsschutz per Gesetz

Durch das bestehende Arbeitsschutzgesetz eigentlich dazu verpflichtet, halten sich die Arbeitgeber nur selten an Recht und Gesetz, so Annelie Buntenbach. Gerade mal 28 Prozent der Betriebe führen die gesetzlich vorgeschriebene Analyse zur gesundheitlichen Gefährdung an den Arbeitsplätzen durch. Gerade mal  9 Prozent berücksichtigen dabei auch die psychischen Belastungen.

Auch wenn die Sanktionen in diesen Fällen bis zur Betriebsschließung führen könne, scheitert die Umsetzung an den Kontrollen, für die die Gewerbeämter der jeweiligen Länder zuständig sind. 

Eindeutige und klare Regeln

Für Ursula von der Leyen (CDU) liegt das Problem darin, dass die Unternehmen sich aus Hilflosigkeit nicht mit diesem Thema auseinandersetzen. Deshalb fordert sie  klare Regel, die nun auf dem Anti-Stress-Gipfel konkret ausgearbeitete werden sollen.

Für die Gewerkschaften geht es bei dem Gipfel nicht nur darum zu klären, welche Lautstärke und oder andere Belastung am Arbeitsplatz zumutbar sind. Sie wollen auch klären,  ob ein Mitarbeiter abends um 22.00 Uhr immer noch für seinen Chef ansprechbar und zur Verfügung stehen muss. Eine Antistressverordnung, wie der Entwurf der IG Metall, soll diese Fragen eindeutig beantworten. 

Vorbehalte bei den Arbeitgebern

Wenig erfreut zeigen sich die Arbeitgeber über ein solches Regelwerk. Für sie ist vorrangig die Bekämpfung der Symptome, für die andere zuständig sind. Arbeitgeberchef Hundt kritisiert, dass eine erfolgreiche psychotherapeutische Behandlung im Wesentlichen davon abhänge, dass die Erkrankung frühzeitig erkannt und eingeordnet wird.

Die Tatsache, dass die Betroffenen teilweise drei Monate auf den Termin für das Erstgespräch warten müssen, sei untragbar. Dieser Missstand muss umgehend von den Ärztevereinigungen, den Krankenkassen und auch der Gesundheitspolitik behoben werden, so Hundt weiter.

Der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV), Hans-Joachim Wolff, sieht auch das Verhalten der jeweiligen Führungskräfte als einen zentralen Einfluss auf psychische Fehlbelastungen der Arbeitnehmer. 

Überprüfung der einzelnen Arbeitsplätze

Laut Wulff sei eine Überprüfung und eine Beurteilung der Gefährdung und auch der psychischen Belastung für den Arbeitnehmer wichtig. Führungskräfte sollten gerade in diesem Bereich geschult werden, damit sie die Mitarbeiter gesundheitsgerecht führen können, fordert der BKK-Bundesverbandschef Kaltenbach. In der vergangenen Woche wurde durch den Verband ein E-Learning-Programm vorgestellt, das Führungskräfte bei der Förderung der psychischen Gesundheit der Mitarbeiter unterstützen soll.

Die Psychologen argumentieren, dass Stresspräventionsprogramme nicht nur bei den Führungskräften, sondern auch bei den Mitarbeitern eingesetzt werden sollten. Um einen Burn-Out zu entgehen, braucht man eine gute seelische Widerstandskraft und sollte auch seine eigenen Grenzen realistisch einschätzen können.

Seit 2002 werden bei dem schwedischen Autokonzern Volvo ganze Geschäftszweige dazu verpflichtet, an Burn-Out-Seminaren teilzunehmen. Rund 5 Prozent der gesamten Belegschaft lernt dort, woran man die psychischen Belastungen erkennt und wie man die Auslöser organisatorisch vermeiden kann.

Doch wie die Arbeitspsychologin Buruck anmerkte, haben derlei Beispiele leider noch einen Pioniercharakter in Deutschland, genau wie die Honorarberatung (DR/BHB)


 
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