Mit ihren Bonds sammelten insgesamt 101 mittelständische Unternehmen an der Börse bisher Fremdkapital im Umfang von 5,05 Milliarden Euro ein. Der Trend zu Mittelstandsanleihen ist bis auf weiteres ungebrochen. Nach einer kurzen Sommerflaute läuft das Geschäft mit den Firmenemissionen gerade wieder an. Experten rechnen damit, dass die US-amerikanische Notenbank Fed - wenn überhaupt - ihren Kurs, die Märkte mit billigem Geld zu überschwemmen, nicht vor März 2014 ändern wird. Vor Aktien schrecken viele deutsche Sparer zwar dauerhaft zurück, in Mittelstandsanleihen setzen angesichts des Zinstiefs dagegen viele ihr vertrauen.
Kursschwankungen, Pleiten und "Wildwest-Methoden"
Unter dem Eindruck teils sehr attraktiver Renditen machen sich viele Anleger die Risiken von Mittelstandsanleihen nicht klar. Branchenkenner sprechen in manchen Marktsegmenten dagegen von "Wildwest-Methoden", die in den etablierten Anleihenmärkten nicht zu finden sind. Zuletzt hatte es um die Papiere einen veritablen Handelsskandal gegeben: Großen Investoren gewährten die Banken beim Kauf von Mittelstandsanleihen üppige Rabatte, private Kleinanleger mussten dagegen den vollen Preis dafür bezahlen. Zudem gewähren die meisten Mini-Bonds den Investoren nur geringe Rechte, was ihre Risiken in die Nähe von Aktien rückt.
Auch Mittelstandsanleihen unterliegen Schwankungen, die beispielsweise am BondM-Index der Stuttgarter Börse abgelesen werden können. Seit seinem zurückgerechneten Start zu Beginn des Jahres 2011 ist er von 104 auf unter 90 Punkte abgestürzt und hat sich derzeit bei 94,15 Zählern eingepegelt. Im Klartext - für die Anleger sind Mittelstandsanleihen im Durchschnitt ein Verlustgeschäft. Bei einzelnen Papieren gab es in der Vergangenheit nahezu Totalverluste. Vor allem im Bereich der alternativen Energien stürzten einige Bonds um über 90 Prozent unter ihren Nennwert ab. Den Anlegern bleibt in einem solchen Fall nur die Hoffnung, aus der Insolvenzmasse der Firma wenigstens einen Bruchteil ihres Geldes zu erhalten.
Aktiv gemanagte Fonds bieten Chancen
Beispiele wie die Anleihen des Online-Anbieters Travel24.com zeigen, dass selbst etablierte Markennamen kein Garant für sichere Renditen sind. Rund die Hälfte der 101 Mittelstandsanleihen steht unter Druck - für die Anleger ergibt sich eine 50:50-Chance. Trotzdem lassen sich mit den richtigen Mittelstandsanleihen Gewinne machen. Unternehmen wie das Verlagshaus Bastei Lübbe, die Karlsberg-Brauerei oder die Hemdenmanufaktur Seidensticker notieren mit zehn oder mehr Prozent im Plus. Anleger profitieren hier nicht nur von üppigen Kupons, sondern auch von Kursgewinnen.
Das Risiko der "guten Wahl" verdeutlicht insbesondere das Beispiel Seidensticker: Das Unternehmen brachte seine Bonds hoch verschuldet auf den Markt - an der Börse zeigten sie seitdem eine hervorragende Entwicklung. Als ein Fazit: Wer in Mittelstandsanleihen investieren will, braucht Informationen, Mut zum Risiko und sollte unbedingt auf eine breite Streuung seiner Titel setzen. Fonds sind hier oft die bessere Alternative, sollten aber aktiv gemanagt sein.