Die deutsche und britische Finanzaufsicht gehen diesem Verdacht inzwischen ernsthaft nach. Dimitri Speck, Autor des Buches "Geheime Goldpolitik" und Markt-Experte, betont, dass der Goldkurs immer auch eine politische Frage sei. Das sogenannte Fixing definiert dabei zweimal täglich den Referenzkurs für den globalen Markt.
Goldkurs im freien Fall - trotz globaler Billiggeld-Politik?
Das Fixing für den Goldkurs gibt es seit 1919. Ursprünglich trafen sich dafür jeweils vormittags und nachmittags die Vertreter von fünf Banken in einem vornehm ausgestatteten Raum in Londons City. Seit 2004 wird der Goldkurs im Rahmen von Telefonkonferenzen festgelegt, am generellen Prozedere hat sich jedoch nichts geändert. Manipulationen hätten gravierende Folgen für den Markt: Wenn ein Marktteilnehmer auch nur wenige Minuten vor der Publikation des Kurses wüsste, auf welchem Level dieser liegt, könnte er damit an der Börse Millionen machen. Die kritische Situation der Weltwirtschaft und vieler Staatshaushalte hat sich in den letzten Jahren kaum geändert. Die Schulden des Krisenlands Italien belaufen sich derzeit auf 144 Prozent der gesamten Wirtschaftsleistung. Die USA stehen vor einem Schuldenberg von 17 Billionen US-Dollar, der das Bruttoinlandsprodukt ebenfalls bei weitem übersteigt. Trotzdem befindet sich der Goldkurs seit mehr als drei Jahren im freien Fall. Das gelbe Metall hat seine Rolle als "Fluchtwährung" in Krisenzeiten damit offenbar verloren, obwohl es von der globalen Billiggeld-Politik normalerweise profitieren müsste.
Diskreditierung von Gold als alternative Währung
Wolfgang Wrzesniok-Roßbach ist einer der erfahrensten Gold-Experten Deutschlands und hat selbst an rund 10.000 Fixings teilgenommen. An Manipulationen des Goldkurses durch die Banken glaubt er nicht, da in die Kursfestlegung indirekt Tausende von Geschäftskunden der Institute eingebunden sind. Misstrauisch machen ihn jedoch die heftigen Preisbewegungen in kritischen Situationen auf dem Markt, seine Vermutung: Große Banken könnten sich mit Hedgefonds-Managern verbündet haben und den Goldkurs auf den Terminmärkten durch "konzertierte Aktionen" drücken. Dimitri Speck ist dagegen überzeugt, dass der Goldkurs direkt manipuliert wird. Über einen Zeitraum von mehreren Jahrzehnten hat er die Entwicklung des Tagespreises für Gold berechnet. Als "merkwürdiges Phänomen" betrachtete der, dass es zu bestimmten Tageszeiten - dem Nachmittags-Fixing in London und dem Beginn des Arbeitstages der Banken an der Ostküste der USA - sehr wahrscheinlich ist, dass der Goldkurs fällt. Zwar bewegen sich die Schwankungen nur im Nachkomma-Bereich - trotzdem ist der Analyst der Meinung, dass diese Ausschläge die Anleger verunsichern sollen und bewusst geplant sind. Seine These ist, dass es dabei um den Erhalt des Dollar-Standards und die Diskreditierung von Gold als "alternative" Währung geht. Falls es so ist, war diese Strategie allerdings nur zum Teil erfolgreich.
Zwar haben große Investoren aus Edelmetall-Fonds seit dem vergangenen Jahr rund ein Drittel ihres Anlagevolumens abgezogen, physisches Gold - Münzen oder Barren - ist jedoch als Alternativanlage nach wie vor beliebt. Speck geht so weit, dass er vermutet, dass der Gold-Crash im April 2013 - auf dem Höhepunkt der Zypern-Krise - willentlich ausgelöst oder verstärkt worden ist. Die Staaten erlaubten sich seinerzeit erstmals den Zugriff auf private Bankguthaben, parallel dazu brach der Goldkurs um über 200 US-Dollar ein. Die immanende Botschaft: Auch Gold ist in Krisenzeiten kein "sicherer Hafen". Degussa-Chefvolkswirt Thorsten Polleit schließt nicht aus, dass an einer Manipulation des Goldkurses die US-Notenbank direkt beteiligt ist.
Der Gold Reserve Act von 1934 gibt der US-Regierung ausdrücklich das Recht, den Goldkurs über einen speziellen Fonds zu manipulieren. Daneben hat er auch die Baseler Bank für Internationalen Zahlungsausgleich im Verdacht, die auf Wunsch ihrer Besitzer, der Zentralbanken diverser Länder, im Goldmarkt manipulierend tätig werden könnte. Banken und Notenbanken müssen an einem nur mäßig hohen Goldkurs interessiert sein, um ihr Papiergeld aufzuwerten. Ein hoher Goldkurs signalisiert im Gegenzug klar und deutlich den Kaufkraftschwund des konventionellen Geldes. Auffällig sind in diesem Kontext auch die zahlreichen Preisziel-Herabstufungen für Gold durch die großen Banken.
Marktkräfte behalten auf lange Sicht die Oberhand
Uwe Zimmer, Vorstand der Kölner Meridio Vermögensverwaltung, glaubt dagegen nicht an Verschwörungstheorien. Der sinkende Goldkurs ist aus seiner Sicht die Folge von Übertreibungen in früheren Jahren. Noch 2011 wurden Goldpreise von 2.500, 5.000 oder sogar 20.000 US-Dollar pro Unze debattiert, den darauf folgenden Einbruch vergleicht Zimmer mit dem Zusammenbruch des "Neuen Marktes". Auf den Höhenflug des Goldes musste zwangsläufig der Absturz folgen. Einig sind sich die Experten darüber, dass Manipulationen zwar kurzzeitig Wirkung zeigen können, auf lange Sicht jedoch die Marktkräfte die Oberhand behalten. Thorsten Polleit nimmt an, dass die Krise des internationalen Geldsystems langfristig einen höheren Goldkurs erzwingen wird - woran auch diverse Verschwörungstheorien nichts ändern.